"Bei Verstößen drohen Bußgelder und Abmahnungen"Experten-Interview: Neue Verpackungsverordnung
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1. Was müssen Händler wegen der neuen Verpackungsverordnung unternehmen?
Gewerbliche Händler, die ihre Waren über das Internet verkaufen, sollten sich an einem privaten Entsorgungssystem beteiligen. Wie schon nach der alten Rechtslage ist der Internethändler dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das von ihm verwendete und an den Verbraucher versandte Verpackungsmaterial auch ordnungsgemäß entsorgt wird. Eine ordnungsgemäße Entsorgung kann nach der Überzeugung des Gesetzgebers aber nur durch ein flächendeckend arbeitendes Entsorgungsunternehmen gewährleistet werden. Daher ist eine Entsorgung durch den Händler selbst seit Jahresbeginn nicht mehr möglich.
Die privatwirtschaftlichen Entsorgungsunternehmen arbeiten natürlich nicht kostenlos, sondern sammeln bei den privaten Endverbrauchern nur den Verpackungsmüll ein, der auch lizenziert ist, d.h. für den der Hersteller oder der Händler auch eine "Entsorgungsgebühr" bezahlt hat. Obwohl diese Verpflichtung beide Parteien trifft, liegt die Hauptlast beim Internethändler. Da er der Letzte in der Lieferkette an den Verbraucher ist, muss er auch dafür Sorge tragen, dass das gesamte Verpackungsmaterial (Produkt- und Serviceverpackung, Füllmaterial etc.) lizenziert ist.
Aufgrund der neuen und in vielen Bereichen noch unklaren Rechtslage sollte ein Internethändler hier zunächst kein Risiko eingehen und sich an ein sog. duales System anschließen.
2. Sind private Käufer von der Neuregelung betroffen?
Nein, für den Endverbraucher ändert sich durch die neue Verpackungsverordnung nichts. Verbraucher müssen lediglich das Verpackungsmaterial in die dafür vorgesehenen Verwertungs-/Mülltonnen werfen, die dann von den privaten Entsorgungsunternehmen geleert werden.
Daneben besteht aber weiterhin die Möglichkeit, bei Einkäufen im örtlichen Supermarkt die sog. Umverpackungen (z.B. die Keksverpackung aus Pappe) direkt im Supermarkt zu entsorgen. Dabei muss der Vertreiber in der Regel an der Kasse durch deutlich erkennbare und lesbare Schrifttafeln darauf hinweisen, dass der Endverbraucher in der Verkaufsstelle oder auf dem zur Verkaufsstelle gehörenden Gelände die Möglichkeit hat, die Umverpackungen von der erworbenen Ware zu entfernen und kostenlos zurückzulassen.
3. Müssen Online-Händler in ihrem Shop auf die neue Verordnung hinweisen?
Nein, die neue Verpackungsverordnung sieht für Internethändler keine Hinweispflicht mehr vor. Achtung: Falls sich in den Internetshops noch Hinweise finden, dass der Verbraucher die Verpackung auch an den Händler zur Entsorgung zurückschicken kann (sog. Selbstentsorgerlösung), so müssen diese Texte sofort entfernt werden. Es droht sonst die Gefahr einer Abmahnung.
Da nach der neuen Rechtslage alle beim privaten Endverbraucher anfallenden Verpackungen lizenziert sein müssen, entfällt auch die Verpflichtung der Hersteller, ihre Verpackungen z.B. mit einem grünen Punkt als Hinweis auf eine Systembeteiligung zu kennzeichnen. Wer als Internethändler also versuchen möchte, auch ohne Anschluss an ein duales System allen Anforderungen der neuen Verpackungsverordnung gerecht zu werden, der sollte sich bei fehlender Kennzeichnung des Verpackungsmaterials vorsichtshalber bei seinem Lieferanten die Lizenzierung schriftlich versichern lassen.
4. Welche Kosten kommen bei der Einhaltung der Pflichten auf die Händler zu?
Die Kostenhöhe richtet sich danach, bei welchem Entsorger der sog. Freistellungsvertrag abgeschlossen wurde. Internethändler, die ihre Waren an Kunden in ganz Deutschland liefern, müssen sich demnach auch an ein Unternehmen wenden, das deutschlandweit die bei den privaten Verbrauchern angefallenen Verpackungen entsorgt. Zu diesen Unternehmen gehören z.B. das Duale System Deutschland (DSD), die Interseroh AG, die Redual GmbH & Co. KG.
Das Auktionshaus eBay bietet z.B. eine Kooperation mit der Landbell AG an. Dieses Unternehmen bietet einen Freistellungsvertrag für 150,- Euro zzgl. MwSt. an. Damit sind die gewerblichen eBay-Verkäufer bis zu zwei Jahre von ihren gesetzlichen Rücknahmepflichten befreit. Dieser Betrag deckt ca. 500 Verpackungen von Waren pro Jahr in einem mittelgroßen Pappkarton ab. Darüber hinausgehende Verpackungsmengen werden einzeln abgerechnet.
Internethändlern ist zu empfehlen, vor einer Beteiligung an einem System die Lizenzgebühren der verschiedenen Unternehmen zu vergleichen und das günstigste Angebot für sich herauszusuchen.
5. Welche Kosten und Risiken entstehen bei der Nichtbeachtung?
Der Gesetzgeber möchte seinem Ziel, dass künftig keinerlei Verpackung an die Verbraucher übergeben werden darf, die nicht Bestandteil eines Rücknahmesystems ist, durch Bußgeldvorschriften Nachdruck verleihen. Ein Verstoß gegen die Verpackungsverordnung kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 50.000,- Euro geahndet werden.
Eine Missachtung dieser Pflichten stellt zusätzlich einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dar und kann daher von einem Mitbewerber kostenpflichtig abgemahnt werden. Das Risiko einer Abmahnung ist aber relativ gering, da niemand nur aufgrund des Internetauftritts beurteilen kann, ob der Verantwortliche an einem dualen System beteiligt ist. Dieser hat auch nicht die Pflicht, auf eine solche Beteiligung hinzuweisen. Ein Mitbewerber könnte also zunächst nur auf Verdacht eine Abmahnung aussprechen. In diesem Fall müsste der Internethändler aber einen entsprechenden Freistellungsvertrag vorweisen können, sonst wird es teuer.
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