Mietrecht Urteile 2014 |
25.09.2014
Großmutter, Tochter und Enkelin, nehmen die beklagte Wohnungsbaugenossenschaft auf Zahlung einer Geldentschädigung und von Abmahnkosten wegen einer ohne ihre Einwilligung erfolgten Veröffentlichung und Verbreitung eines Fotos in Anspruch, das sie gemeinsam, ohne Namensnennung, auf einem von der Beklagten veranstalteten Mieterfest zeigt. Dieses Foto veröffentlichte die Beklagte in ihrer Broschüre "Informationen der Genossenschaft", die in einer Auflage von 2.800 Stück hergestellt und an Mieter verteilt wurde.
Der Bundesgerichtshof (BGH) lehnte diese Ansprüche mit Urteil vom 8. April 2014 (Az.: VI ZR 197/13) ab, da das Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist und berechtigte Interessen der Abgebildeten nicht verletzt wurden. Grundsätzlich dürfen Fotos einer Person nur mit deren Einwilligung verbreitet werden. Hiervon besteht allerdings eine Ausnahme, wenn es sich um Fotos aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für die Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden.
Der für die Frage, ob es sich um ein Foto aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, maßgebende Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Dazu können auch Veranstaltungen von nur regionaler oder lokaler Bedeutung gehören. Die Broschüre der Beklagten befasst sich mit Mieterfest und zeigt repräsentativ auf insgesamt zehn Bildern Teilnehmer, sowohl in Gruppen, als auch einzeln.
Die Bilder fangen Szenen des Mieterfestes ein, die ein harmonisches Zusammensein von Jung und Alt in fröhlicher und entspannter Atmosphäre zeigen. Die Bilder vermitteln den Eindruck, dass Mitbewohner aller Altersgruppen das Fest genossen haben und zwischen ihnen gute nachbarschaftliche Beziehungen bestehen. In diesen Zusammenhang passt gerade das Foto der Klägerinnen, welches drei Generationen vereint. Das Mieterfest ist ein Ereignis von lokaler gesellschaftlicher Bedeutung.
Die Broschüre der Beklagten, in der über das Fest berichtet wurde, war an ihre Mieter gerichtet, also an den beschränkten Personenkreis, der üblicherweise an dem Fest teilnahm und entsprechend der Ankündigung eingeladen war, im Folgejahr teilzunehmen. Das Recht, über solche zeitgeschichtlichen Ereignisse aus dem gesellschaftlichen Bereich zu berichten, steht grundsätzlich auch der Beklagten zu, wenn sie eine Broschüre herausgibt; denn auch eine solche Broschüre gehört zu den Medien. Die Beklagte kann unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit auf ein schützenswertes Interesse berufen, ihre Genossenschaftsmieter im Bild über den Ablauf und die Atmosphäre der Veranstaltung zu informieren.
Die Bilder in der Broschüre erfüllen eine wichtige Funktion, denn ein solches Fest pflegt und schafft gute nachbarschaftliche Beziehungen. Die Fotos vermitteln den Eindruck, dass die Mitbewohner sich in der Wohnungsbaugenossenschaft wohlfühlen und es sich lohnt, dort Mitglied bzw. Mieter zu sein. Die Beeinträchtigung der Rechte der Klägerinnen durch das Foto ist dagegen gering. Es handelte sich um ein für alle Mieter und Mitbewohner zugängliches Fest, über welches die Beklagte schon in den Vorjahren in Bildern berichtet hatte. Insofern war zu erwarten, dass in entsprechender Weise auch über das aktuelle Mieterfest berichtet werden würde.
Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass das Foto heimlich angefertigt wurde, auch wenn die Klägerinnen die Anfertigung der konkreten Aufnahmen möglicherweise nicht bemerkt haben. Das Foto ist in keiner Weise unvorteilhaft oder ehrverletzend. Da die Veröffentlichung des Fotos auch ohne ihre Einwilligung zulässig war, besteht auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten oder auf Zahlung einer Geldentschädigung.