Mietrecht Urteile 2015 |
29.01.2015
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in seiner Entscheidung vom 21. Januar 2015 mit der Frage befasst, ob ein Mieter wegen der Vereitelung seines gesetzlichen Vorkaufsrechts auch Schadensersatz in Höhe des ihm entgangenen Gewinns verlangen kann (Az.: VIII ZR 51/14).
Die Klägerin ist seit 1992 Mieterin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, die Beklagte ist durch Eigentumserwerb in den Mietvertrag eingetreten. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob vor oder nach Mietbeginn an den sieben Wohnungen des Hauses Wohnungseigentum begründet worden ist.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 17. Mai 2011 veräußerte die Beklagte sämtliche Eigentumswohnungen zum Gesamtpreis von rund 1,3 Millionen Euro an einen Dritten. Dieser wurde am 18. Juli 2011 als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Die Klägerin wurde von der Beklagten weder vom Kaufvertragsabschluss unterrichtet noch auf ein Vorkaufsrecht hingewiesen.
Am 12. Januar 2012 bot der neue Eigentümer der Klägerin die von ihr bewohnte Wohnung zum Preis von 266.250 Euro zum Kauf an. Sie macht geltend, die Beklagte habe durch die unterlassene rechtzeitige Unterrichtung von dem Verkauf ihr gesetzliches Vorkaufsrecht vereitelt und sei daher zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet. Bei Ausübung des Vorkaufsrechts hätte sie die Wohnung, die einen Verkehrswert von 266.250 Euro aufweise, zu einem Kaufpreis von (nur) 186.571 Euro - auf ihre Wohnung entfallender Anteil an dem gezahlten Gesamtkaufpreis - erwerben und dadurch einen Gewinn von 79.428,75 Euro erzielen können.
Der BGH hat entschieden, dass dem Mieter nicht nur in den Fällen der Vereitelung eines bereits ausgeübten Vorkaufsrechts, sondern auch dann ein Anspruch auf Ersatz der Differenz zwischen dem Verkehrswert der Wohnung und dem mit dem Dritten vereinbarten Kaufpreis - abzüglich ersparter Kosten - als Erfüllungsschaden zustehen kann, wenn der Mieter infolge einer Verletzung der den Vermieter treffenden Mitteilungspflichten vom Inhalt des Kaufvertrags und seinem Vorkaufsrecht erst nach Übereignung der Wohnung an den Dritten Kenntnis erlangt und aus diesen Gründen von der Ausübung des Vorkaufsrechts absieht.
Die Mitteilung vom Eintritt des Vorkaufsfalls und die Belehrung über die Vorkaufsberechtigung sollen den Mieter in die Lage versetzen, sein Vorkaufsrecht auszuüben und damit einen Anspruch auf Übereignung der Wohnung zu begründen. Erhält der Mieter diese Informationen erst zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kaufvertrag mit dem Drittkäufer schon abgewickelt worden ist, steht zu vermuten, dass der Vermieter die nicht mehr in seinem Eigentum stehende Wohnung nicht an den Mieter übereignen kann.
In einem solchen Fall ist vom Mieter nicht zu verlangen, dass er zunächst das Vorkaufsrecht ausübt, um hierdurch einen Kaufvertrag mit dem Vermieter zustande zu bringen, den dieser von vornherein nicht erfüllen kann. Vielmehr kann der Mieter dann unmittelbar Ersatz des entgangenen Gewinns begehren, den er bei Ausübung des Vorkaufsrechts erhalten hätte.
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 21.01.2015)