Mietrecht Urteile 2015 |
19.11.2015
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 18. November 2015 - unter teilweiser Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung - entschieden, dass eine Mieterhöhung auf der Basis der tatsächlichen Wohnfläche zu erfolgen hat, unabhängig davon, ob im Mietvertrag eine abweichende Wohnfläche angegeben und wie hoch die Abweichung von der tatsächlichen Wohnfläche ist (Az.: VIII ZR 266/14).
Der Beklagte ist Mieter einer 5-Zimmer-Wohnung der Klägerin in Berlin. Im Mietvertrag sind die Wohnfläche mit 156,95 qm und die monatliche Miete mit 811,81 DM angegeben. Tatsächlich beträgt die Wohnfläche 210,43 qm.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der derzeitigen Bruttokaltmiete von 629,75 Euro auf insgesamt 937,52 Euro. Dies begründet sie damit, dass sie nach den allgemeinen Mieterhöhungsvorschriften zu einer Erhöhung der momentan geschuldeten Miete um 15% (94,46 Euro) sowie darüber hinaus wegen einer Überschreitung der vertraglich vereinbarten Wohnfläche um 33,95% zu einer entsprechenden weiteren Anhebung berechtigt sei. Der beklagte Mieter hat nur einer Mieterhöhung um 94,46 Euro zugestimmt Die auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung um weitere 213,31 Euro gerichtete Klage der Vermieterin ist in den Vorinstanzen abgewiesen worden.
Die Klägerin hatte auch vor dem BGH keinen Erfolg. Der BGH hat entschieden, dass es im Mieterhöhungsverfahren nur auf die tatsächliche Wohnungsgröße ankommt. Dem Vermieter soll es ermöglicht werden, eine angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen. Für den Vergleich ist deshalb allein der objektive Wohnwert der zur Mieterhöhung anstehenden Wohnung maßgeblich, während etwaige Vereinbarungen der Mietvertragsparteien über die Wohnungsgröße im Mieterhöhungsverfahren keine Rolle spielen können, denn sonst würden nicht die tatsächlichen, sondern vertraglich fingierte Umstände berücksichtigt.
An seiner früheren Rechtsprechung, dass der Vermieter sich an einer im Mietvertrag zu niedrig angegebenen Wohnfläche festhalten lassen muss, wenn die Abweichung nicht mehr als zehn Prozent beträgt. hält der BGH deshalb nicht mehr fest. Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall, dass die Wohnfläche im Mietvertrag zu groß angegeben ist; hier kann der Vermieter die Miete ebenfalls nur auf der Grundlage der tatsächlichen (niedrigeren) Wohnfläche erhöhen.
Neben der Berücksichtigung der wirklichen Wohnungsgröße im Rahmen der allgemeinen Mieterhöhungsvorschriften - d. h. unter Beachtung der Kappungsgrenze - besteht für den Vermieter keine weitere Möglichkeit der einseitigen Mietanpassung. Insbesondere ergibt sich aus einer unzutreffenden Wohnflächenangabe im Mietvertrag noch kein Anwendungsfall eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Dem steht bereits entgegen, dass die zutreffende Ermittlung der tatsächlichen Wohnfläche regelmäßig in die Risikosphäre des Vermieters fällt.
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 18.11.2015)