Internetrecht Urteile 2015 |
16.07.2015
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 9. Juli 2015 (Az.: I ZR 46/12) entschieden, dass der Betreiber einer Internetseite keine Urheberrechtsverletzung begeht, wenn er urheberrechtlich geschützte Inhalte, die auf einer anderen Internetseite mit Zustimmung des Rechtsinhabers für alle Internetnutzer zugänglich sind, im Wege des Framing in seine eigene Internetseite einbindet.
Die Klägerin, die Wasserfiltersysteme herstellt und vertreibt, ließ zu Werbezwecken einen etwa zwei Minuten langen Film mit dem Titel "Die Realität" herstellen, der sich mit der Wasserverschmutzung befasst. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an diesem Film. Der Film war - nach dem Vorbringen der Klägerin ohne ihre Zustimmung - auf der Videoplattform YouTube abrufbar.
Die beiden Beklagten sind als selbstständige Handelsvertreter für ein mit der Klägerin im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig. Sie unterhalten jeweils eigene Internetseiten, auf denen sie für die von ihnen vertriebenen Produkte werben. Im Sommer 2010 ermöglichten sie den Besuchern ihrer Internetseiten, das von der Klägerin in Auftrag gegebene Video im Wege des Framing abzurufen. Bei einem Klick auf einen Link wurde der Film vom Server der Videoplattform YouTube abgerufen und in einem auf den Webseiten der Beklagten erscheinenden Rahmen (Frame) abgespielt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten hätten das Video damit unberechtigt öffentlich zugänglich gemacht. Sie hat die Beklagten daher auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen.
Der BGH hat das Berufungsurteil, mit dem die Klage abgewiesen wurde, aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die bloße Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen Internetseite im Wege des Framing kein öffentliches Zugänglichmachen darstellt, weil allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber entscheidet, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt. Eine solche Verknüpfung verletzt auch grundsätzlich kein unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe.
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat auf das im vorliegenden Rechtsstreit eingereichte Vorabentscheidungsersuchen des BGH ausgeführt, es liege keine öffentliche Wiedergabe vor, wenn auf einer Internetseite anklickbare Links zu Werken bereitgestellt würden, die auf einer anderen Internetseite mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich seien. Das gelte auch dann, wenn das Werk bei Anklicken des bereitgestellten Links in einer Art und Weise erscheine, die den Eindruck vermittele, dass es auf der Seite erscheine, auf der sich dieser Link befinde, obwohl es in Wirklichkeit einer anderen Seite entstamme.
Den Ausführungen des EuGH ist nach Ansicht des BGH allerdings zu entnehmen, dass in solchen Fällen eine öffentliche Wiedergabe erfolgt, wenn keine Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers vorliegt. Danach hätten die Beklagten das Urheberrecht am Film verletzt, wenn dieser ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei YouTube eingestellt war. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Der BGH hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 09.07.2015)