Arbeitsrecht Urteile 2017 |
09.02.2017
Massenentlassungen innerhalb von 30 Kalendertagen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit einer vorherigen ordnungsgemäßen Konsultation des Betriebsrats und einer vorherigen ordnungsgemäßen Anzeige an die Agentur für Arbeit. Hiervon ausgehend hielt das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin vom 10. März 2010 für wirksam, die sich zur Zeit der wegen einer Betriebsstilllegung durchgeführten Massenentlassungen in Elternzeit befand und deren Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf des Zeitraums von 30 Kalendertagen gekündigt wurde, obwohl sich die Kündigungen der übrigen Arbeitsverhältnisse mangels einer ordnungsgemäßen Konsultation des Betriebsrats als unwirksam erwiesen hatten.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat dieses Urteil aufgehoben, weil es die Klägerin in ihren Grundrechten verletze. Die Klägerin werde unzulässig wegen der von ihr in Anspruch genommenen Elternzeit und wegen ihres Geschlechts benachteiligt, wenn ihr der Schutz vor Massenentlassungen versagt werde, weil das Abwarten der wegen der Elternzeit notwendigen behördlichen Zustimmung zur Kündigung dazu geführt habe, dass die Kündigung erst nach Ablauf des 30-Tage-Zeitraums erklärt wurde. In diesen Fällen gelte der 30-Tage-Zeitraum auch dann als gewahrt, wenn die Antragstellung auf Zustimmung der zuständigen Behörde zu der Kündigung innerhalb dieses Zeitraums erfolgt sei.
An diese nationalrechtliche Erweiterung des Entlassungsbegriffs bei Massenentlassungen durch das BVerfG ist das BAG ungeachtet der Probleme gebunden, die u.a. dann entstehen, wenn die behördliche Zustimmung erst außerhalb der 90-tägigen Freifrist erteilt wird oder wenn bei einer Arbeitnehmerin in Elternzeit die Kündigung als solche zugleich Teil einer zweiten Welle von Massen-Kündigungen ist. Das BAG hat deshalb nun mit Urteil vom 26. Januar 2017 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 10. März 2010 nicht aufgelöst worden ist (Az.: 6 AZR 442/16).
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.01.2017)