Wirtschaftsrecht Urteile 2012 |
01.10.2012
Das Internet macht`s möglich: Wer heutzutage etwas kaufen möchte, ist nicht mehr auf die Angebote im eigenen Land angewiesen. Mit ein paar Klicks kann er auch das Angebot im Nachbarland einsehen - und die Ware dort vielleicht günstiger erstehen.
Was passiert aber, wenn es später zum Streit mit dem Verkäufer kommt - etwa weil die Ware mangelhaft ist? Muss dann in dessen Heimatland geklagt werden? Oder sind auch die Gerichte im eigenen Land zuständig? Um diese Frage ging es in einem Fall, den jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu entscheiden hatte (Urteil vom 6. September 2012, Az.: C-190/11).
Dort war eine Österreicherin bei ihren Online-Recherchen auf das Angebot eines Autohauses in Hamburg gestoßen. Den Kaufvertrag hatte sie in Hamburg unterschrieben und das Auto dort auch übernommen. Zurück in Österreich stellte sie fest, dass der Wagen erhebliche Mängel aufwies. Die Inhaber des Autohauses weigerten sich, das Fahrzeug zu reparieren. Daraufhin klagte sie vor einem österreichischen Gericht auf Wandlung des Kaufvertrages. Die Beklagten hielten die österreichischen Gerichte für unzuständig, weil der Vertrag nicht im Fernabsatz - also z.B. über das Internet - geschlossen wurde.
Das sahen die Richter des EuGH anders. Sie wiesen darauf hin, dass die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 den Verbraucher in grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten schützen soll, indem ihm der Zugang zur Justiz erleichtert wird. So kann der Verbraucher den Gewerbetreibenden, mit dem er einen Vertrag geschlossen hat, auch dann vor den inländischen Gerichten verklagen, wenn dieser seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat.
Voraussetzung ist zum einen, dass der Gewerbetreibende seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in dem Mitgliedstaat ausübt, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, oder sie auf irgendeinem Wege (z. B. über das Internet) auf diesen Mitgliedstaat ausrichtet. Zum anderen muss der streitige Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fallen.
Dagegen muss der Vertrag laut EuGH nicht zwingend im Wege des Fernabsatzes geschlossen worden sein, damit der Verbraucher den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gewerbetreibenden vor den Gerichten seines eigenen Mitgliedstaats verklagen kann. Die inländischen Gerichte seien vielmehr auch dann zuständig, wenn der Vertrag - wie hier - im Mitgliedsstaat des Gewerbetreibenden unterzeichnet wurde.