Wirtschaftsrecht Urteile 2017 |
28.07.2017
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 25. Juli 2017 entschieden, dass die vorformulierte Klausel "Jede SMS-TAN kostet 0,10 Euro (unabhängig vom Kontomodell)" in Bezug auf Verträge über Zahlungsdienste zwischen einem Kreditinstitut und Verbrauchern unwirksam ist (Az.: XI ZR 260/15).
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, wendet sich mit der Unterlassungsklage gegen eine von der beklagten Sparkasse verwendete Preisklausel für SMS-TAN. Der Kläger behauptet, die Beklagte verwende in ihrem Preisverzeichnis eine Klausel mit folgendem Wortlaut: "Jede SMS-TAN kostet 0,10 Euro (unabhängig vom Kontomodell)". Er ist der Ansicht, diese Klausel sei unwirksam und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen. Die Beklagte stellt nicht in Abrede, eine Preisklausel für SMS-TAN zu verwenden, bestreitet aber, dass diese den vom Kläger behaupteten Wortlaut hat.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht (OLG) hat eine Preisklausel mit dem vom Kläger behaupteten Wortlaut als nicht der AGB-Kontrolle unterliegende sog. Preishauptabrede eingeordnet und deshalb Feststellungen dazu, ob die Beklagte die beanstandete Klausel mit dem behaupteten Wortlaut in ihrem Preisverzeichnis tatsächlich verwendet, für entbehrlich erachtet. Der BGH hat das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der BGH hat die Unterlassungsklage für zulässig erachtet. Bei Klagen dieser Art muss der Klageantrag die beanstandeten Bestimmungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) im Wortlaut enthalten, anderenfalls ist die Klage unzulässig. Ist streitig, ob eine vom Kläger beanstandete Klausel in dieser Fassung vom Beklagten tatsächlich verwendet wird, reicht es für die Zulässigkeit der Klage aus, wenn unter Angabe des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts die Verwendung der bestimmten Klausel behauptet und deren konkreter Wortlaut im Klageantrag wörtlich wiedergegeben wird; ob die beanstandete Klausel in dieser Fassung tatsächlich Verwendung findet, ist demgegenüber eine Frage der Begründetheit der Klage. Den hiernach bestehenden Zulässigkeitsvoraussetzungen genügt vorliegend das Klagevorbringen.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unterliegt die beanstandete Klausel der sog. Inhaltskontrolle, weil sie eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung enthält. Die Klausel ist aufgrund ihres einschränkungslosen Wortlauts ("Jede SMS-TAN") so auszulegen, dass sie ein Entgelt in Höhe von 0,10 Euro für jede TAN vorsieht, die per SMS an den Kunden versendet wird, ohne dass es darauf ankommt, ob diese im Zusammenhang mit der Erteilung eines Zahlungsauftrages eingesetzt wird.
Die Beklagte beansprucht danach etwa für jede TAN ein Entgelt, die zwar per SMS an den Kunden übersendet, von ihm aber z. B. auf Grund eines begründeten Phishing-Verdachts oder wegen der Überschreitung ihrer zeitlichen Geltungsdauer nicht verwendet wird. Ferner fällt nach der Klausel ein Entgelt auch dann an, wenn die TAN zwar zur Erteilung eines Zahlungsauftrags eingesetzt werden soll, dieser aber der Beklagten wegen einer technischen Fehlfunktion gar nicht zugeht.
Mit dieser ausnahmslosen Bepreisung von SMS-TAN weicht die Klausel der einschlägigen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ab. Danach kann ein Zahlungsdienstleister zwar für die Erbringung eines Zahlungsdienstes das vereinbarte Zahlungsentgelt verlangen. Zu den Zahlungsdiensten, für die ein Entgelt erhoben werden kann, gehört auch die Ausgabe von Zahlungsauthentifizierungsmitteln, wie es das Online-Banking mittels PIN und TAN darstellt.
In diesem Rahmen kann die Ausgabe einer per SMS übersendeten TAN aber nur dann als Bestandteil der Hauptleistung mit einem Entgelt bepreist werden, wenn sie auch tatsächlich der Erteilung eines Zahlungsauftrages dient und damit als Teil des Zahlungsauthentifizierungsinstruments "Online-Banking mittels PIN und TAN" fungiert, weil von der Beklagten nur in diesem Fall ein entgeltpflichtiger Zahlungsdienst erbracht wird.
Der danach eröffneten Inhaltskontrolle hält die Klausel nicht stand. Sie weicht entgegen dem gesetzlichen Gebot zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers ab. Das Berufungsgericht wird nunmehr die bislang unterbliebenen Feststellungen dazu nachzuholen haben, ob die Beklagte die vom Kläger beanstandete Klausel "Jede SMS-TAN kostet 0,10 Euro (unabhängig vom Kontomodell)" tatsächlich verwendet.
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 25.07.2017)