Wirtschaftsrecht Urteile 2019 |
07.02.2019
Das Amtsgericht München (AG) gab durch Urteil vom 8. August 2018 dem Antrag der 54jährigen Radfahrerin gegen die mit Räum- und Streupflichten befasste beklagte Unternehmerin auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro und Feststellung der Verpflichtung der Klägerin, auch alle künftigen Schäden aus dem Schadensereignis vom 3. März 2015 ersetzen zu müssen, statt (Az.: 154 C 20100/17).
Die Klägerin fuhr damals gegen 8:00 Uhr mit ihrem Fahrrad zum Einkaufen zu einem Supermarkt und stürzte unmittelbar vor dessen Radstellplatz. Die Mindesttagestemperatur betrug vor Ort 0,4 Grad Celsius. Die Klägerin erlitt eine Fraktur des rechten Mittelfingers mit Kapselanriss. Nach sechswöchiger Ruhigstellung wurden 50 ergotherapeutische Behandlungen verordnet.
Die Funktionsfähigkeit des Mittelfingers blieb dennoch um 3/10 beeinträchtigt, die der beiden Nachbarfinger um jeweils 1/10. Die Klägerin hat noch Schwierigkeiten beim Öffnen von Flaschen oder beim Händedruck und kann die fragliche Hand noch nicht wieder zur Faust ballen. Die weitere Entwicklung ist ungewiss.
Die Klägerin bestätigt, dass Straßen und Wege im Wesentlichen frei von Schnee und sonstigen Beeinträchtigungen gewesen seien. Es habe jedoch am Vortag geregnet und sei über Nacht sehr kalt gewesen, weshalb die Klägerin vorsichtig gefahren sei. Bei der Anfahrt des Fahrradstellplatzes in der Nähe des Eingangs des Supermarktes sei sie auf eine nicht erkennbare ca. dreimal drei Meter große Fläche überfrorener Nässe geraten. Es sei nicht gestreut gewesen. Hierdurch sei das Fahrrad der Klägerin weggerutscht und die Klägerin auf die Hand gestürzt.
Der Versicherung hatte die Beklagte mitgeteilt, dass das Unternehmen am 3. März 2015 den Parkplatz nicht geräumt oder gestreut hätte. Man sei von der Gemeindeverwaltung, für die man ebenfalls Räum- und Streudienste ausführe, an diesem Tag nicht zum Einsatz gerufen worden, da Parkplätze und Wege schnee- und eisfrei gewesen wären und am Boden noch genügend Splitt vorhanden gewesen sei.
Das AG entschied: Eine Rechtsgutsverletzung liegt durch die Verletzungen der Klägerin an dem rechten Mittelfinger vor. Diese ist durch die fahrlässige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten entstanden. Die Verkehrssicherungspflicht, insbesondere der Winterdienst wurde auf die Beklagte übertragen. Ihrer Verkehrssicherungspflicht ist die Beklagte nicht ausreichend nachgekommen.
Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt lag an der streitgegenständlichen Stelle eine Glätte durch überfrierende Nässe vor. Am fraglichen Morgen sei nicht kontrolliert worden. Die Beklagte wäre jedoch verpflichtet gewesen, an diesem Tag eine Kontrolle an dieser Stelle durchzuführen und bei Feststellung der Glättestelle zu streuen. Es handelt sich um ein Datum Anfang März. Zu dieser Zeit ist allgemein der Winter vor Ort noch nicht vorbei.
Es kann zu Schnee und Eisglätte kommen. Bei der konkreten Temperatur an diesem Tag war auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass es an einzelnen Stellen glatt sein kann. Die Beklagte, die den Winterdienst gewerblich ausübe, unterliege im Vergleich mit privaten Anliegern schließlich auch erhöhten Sorgfaltspflichten.
(Quelle: PM des AG)