Wirtschaftsrecht Urteile 2019 |
07.03.2019
Ein gutgläubiger Erwerb ist besonders bei Kraftfahrzeugen immer wieder ein Thema. Gerade bei dem Kauf oder Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen ist zu beobachten, dass häufig ein Risikobewusstsein der daran Beteiligten fehlt. Mit einem solchen Fall hatte sich das Oberlandesgericht Hamm (OLG) in seinem Urteil vom 31. Januar 2018 zu beschäftigen (Az.: 5 U 99/16). Der Kläger kaufte im Jahr 2013 ein Wohnmobil für 35.000 Euro. Er bot es einige Zeit später über eBay-Kleinanzeigen zum Verkauf an. Am 9. Mai 2015 überließ er es einem Kaufinteressenten für eine Probefahrt von 6 Tagen. Der Fahrzeugschein befand sich im Wohnmobil.
Zur Absicherung teilte der Kaufinteressent dem Kläger seine Mobilfunknummer mit und gab ihm eine Sicherheit von 500 Euro in bar sowie seinen Führerschein, den der Kläger kopierte. Der Kaufinteressent brachte das Wohnmobil nicht mehr zurück und war für den Kläger telefonisch nicht erreichbar. Der Kläger erstattete daraufhin Strafanzeige und erfuhr, dass es sich bei dem vorgelegten Führerschein um eine Fälschung handelte. Zwischenzeitlich wurde das Wohnmobil unter mobile.de für rund 25.000 Euro angeboten.
Ohne Angabe eines konkreten Namens wurden ein Privatanbieter und eine Mobilfunknummer genannt. Auf die Anzeige meldete sich der Beklagte, der (auch) als Kfz-Sachverständiger tätig ist. Er vereinbarte einen Besichtigungstermin am 15. Mai 2015 in den Niederlanden, zu dem eine Frau mit dem Wohnmobil erschien. Der Beklagte sah sich das Wohnmobil an und entschied sich zum Kauf. Noch vor Ort füllte er handschriftlich einen Kaufvertrag aus. Als Verkäuferin war eine angeblich in Euskirchen wohnende ''Lena Horn'' genannt.
Auf deren Namen lauteten auch die dem Beklagten überreichten - gefälschten - Zulassungsbescheinigungen Teil I und II. Die angegebenen Daten der Erstzulassung und für die nächste HU stimmten nicht mit den vorherigen Angaben in der Anzeige bei mobile.de überein. Der Beklagte erhielt nur einen einzigen Fahrzeugschlüssel und fuhr anschließend davon. Später an diesem Tag stellte der Beklagte, der wegen der Umstände des Vertragsschlusses bereits ein schlechtes Gefühl hatte, fest, dass die TÜV-Plakette nicht echt war. Er erstattete Strafanzeige.
Nachdem der Kläger hiervon erfahren hatte, nahm er den Beklagten auf Herausgabe des Wohnmobils in Anspruch. Das Landgericht Essen hat die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe das Wohnmobil gutgläubig erworben. Dem Kläger sei es nicht abhanden gekommen, was einen gutgläubigen Erwerb ausgeschlossen hätte. Denn dieser habe dem Kaufinteressenten im Mai 2015 freiwillig den Besitz an dem Wohnmobil für 6 Tage überlassen.
Der Beklagte hätte zwar mit Blick auf die konkrete Verkaufssituation Nachforschungen anstellen müssen, was er unterlassen habe. Allerdings habe der Kläger in einem solch hohen Maße gegen jegliche ihm obliegenden Verpflichtungen verstoßen, dass die dem Beklagten anzulastenden Sorgfaltsverstöße dahinter zurücktreten würden. Deshalb sei sein Herausgabeverlangen im Verhältnis zu dem Beklagten unzulässig. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Das OLG hat der Klage stattgegeben.
Nach dem mit Blick auf den Ort des Erwerbs anzuwendenden niederländischen Recht sei der Beklagte nicht gutgläubig gewesen. Er habe nämlich wegen der verschiedenen Auffälligkeiten bei der Anbahnung und Durchführung des Kaufvertrages guten Grund gehabt, an der vermeintlichen Berechtigung der ''Lena Horn'' zu zweifeln. Deshalb hätte er von dem Kauf absehen müssen. Das Herausgabeverlangen des Klägers sei auch nicht unzulässig. Diese Annahme würde nämlich dazu führen, dass dem Kläger sein Eigentum aberkannt, er mithin enteignet werden würde.
(Quelle: PM des OLG)