Verkehrsrecht Urteile 2016 |
21.04.2016
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in seinem Urteil vom 6. April 2016 präzisiert, welche Anforderungen der sog. Sichtbarkeitsgrundsatz im ruhenden Verkehr an die Erkennbarkeit und Erfassbarkeit von Verkehrszeichen und an die dabei von den Verkehrsteilnehmern zu beachtende Sorgfalt stellt (Az.: 3 C 10.15). Es hat bestätigt, dass sich die Anforderungen danach unterscheiden, ob sie den ruhenden oder den fließenden Verkehr betreffen.
Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr äußern ihre Rechtswirkungen gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht, wenn sie so aufgestellt sind, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt und ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennen kann, dass ein Ge- oder Verbot durch ein Verkehrszeichen verlautbart wurde. Zu einer Nachschau ist der Verkehrsteilnehmer nur verpflichtet, wenn hierfür ein Anlass besteht.
Der Kläger wendet sich gegen die Auferlegung einer Gebühr für die Umsetzung eines Kraftfahrzeugs. Er hatte dieses Fahrzeug im September 2010 in einem Straßenabschnitt geparkt, wo wegen eines am nächsten Tag stattfindenden Straßenfestes durch vorübergehend angebrachte Verkehrszeichen ein absolutes Halteverbot ausgeschildert war. Der Beklagte veranlasste die Umsetzung dieses Fahrzeugs durch ein Abschleppunternehmen und nahm den Kläger auf Zahlung einer Umsetzungsgebühr in Höhe von 125 Euro in Anspruch. Hiergegen wandte der Kläger u.a. ein, die Verkehrszeichen seien nicht mit einem raschen und beiläufigen Blick erkennbar gewesen; daher seien die Halteverbote nicht wirksam bekanntgemacht worden.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) ist von einer anlasslosen Nachschaupflicht ausgegangen und hat angenommen, dass das Halteverbot für den Kläger erkennbar gewesen wäre, wenn er dieser Nachschaupflicht genügt hätte. Es hat offen gelassen, in welcher Höhe und welcher Ausrichtung das Halteverbotszeichen angebracht war. Das BVerwG hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das OVG zurückverwiesen. Die Anwendung des sog. Sichtbarkeitsgrundsatzes durch das Berufungsgericht steht mit den dargelegten Anforderungen nicht in vollem Umfang im Einklang. Daher sind ergänzende tatsächliche Feststellungen zur Aufstellung und Sichtbarkeit der Halteverbotszeichen notwendig.
(Quelle: PM des BVerwG)