Verkehrsrecht Urteile 2019 |
07.02.2019
Eine ausländische Fluggesellschaft kann in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) festlegen, dass auf in Deutschland geschlossene Beförderungsverträge englisches Recht anwendbar ist. Nach englischem Recht ist es zulässig, Steuern und Gebühren nicht zurückzuerstatten, wenn der Fluggast den Flug storniert hat und die Aufwendungen der Fluggesellschaft tatsächlich nicht entstanden sind, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit Urteil vom 13. Dezember 2018 (Az.: 16 U 15/18).
Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft mit Sitz England. Auf ihrer auch in deutscher Sprache aufrufbaren Internetseite können online Flüge gebucht werden. In den dafür geltenden AGB der Beklagten heißt es im Zusammenhang mit Stornierungen u. a. ''Steuern und Gebühren, die von einem Flughafenbetreiber direkt von [Name der Fluggesellschaft] erhoben werden, sind nicht erstattungsfähig, selbst wenn sie auf der Anzahl der beförderten Fluggäste basieren.'' Dies bezieht sich nicht auf die Britische Passagierabgabe (APD), die erstattet wird. Nach den AGB unterliegen alle Erstattungen ''den anwendbaren Gesetzen [...] von England und Wales''. Schließlich wird geregelt, dass für die AGB und alle Beförderungen ''das Recht von England und Wales'' gilt.
Der Kläger ist ein Verein, der auch Verbraucherinteressen wahrnimmt. Er ist der Ansicht, dass die Verbraucher durch die Klausel, Steuern und Gebühren nach Stornierung nicht zu erstatten, unangemessen benachteiligt. Deshalb begehrt er von der beklagten Fluggesellschaft, diese Klausel nicht weiter zu nutzen. Die Klage hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Beklagte dürfe die umstrittene Klausel weiter verwenden. Die angegriffene Regelung sei infolge einer zulässigen Rechtswahl am Maßstab des Rechts von England und Wales zu prüfen und nach diesem Recht wirksam.
Grundsätzlich könne die Beklagte als Luftbeförderer in ihren AGB nach den Regeln des Internationalen Privatrechts formularmäßig eine Rechtswahl vorsehen. Die Rechtswahlklausel genüge hier dem erforderlichen Minimum an Bestimmbarkeit und Transparenz. Sie lasse keinen Zweifel an ihrer Aussage und an ihrem Gehalt. Die Klausel sei auf der deutschsprachigen Seite auch nicht überraschend, da gerade bei Luftbeförderungsverträgen der grenzüberschreitende Aspekt auf der Hand liege. Die Klausel sei auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH zu den Anforderungen an eine Rechtswahl im Rahmen von Verbraucherverträgen nicht zu beanstanden. Im Gegensatz zu Verbraucherverträgen bedürfe es bei Beförderungsverträgen keines gesonderten Hinweises auf die Wirkungen der Rechtswahl.
Ausgehend vom Maßstab des englischen und walisischen Rechts verstoße die Klausel nicht gegen Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen. Eine Klausel sei demnach missbräuchlich bzw. unfair, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht. Dies sei unter Berücksichtigung des für Beförderungsverträge nach dem Recht von England und Wales allein maßgeblichen Richterrechts hier nicht der Fall.
Vielmehr würden englische Gerichte den vollen Zahlungsanspruch der Beklagten nicht an fehlender Erfüllungsmitwirkung des Fluggastes scheitern lassen, der die angebotene Beförderung aus eigenem Ermessen nicht in Anspruch genommen hat. Nach englischem und walisischem Recht sei die Beklagte bei Kündigung des Vertrages durch den Fluggast vielmehr berechtigt, stets auf Vertragserfüllung zu bestehen und den vollen Flugpreis ohne Abschlag zu behalten. Insbesondere müsse die Beklagte dem Fluggast nicht ersparte Aufwendungen wie Steuern und Gebühren erstatten. Dass die Beklagte sich durch den Ausschluss der Erstattung dieser Kostenpositionen bei einer Stornierung besserstellt als bei vertragsgemäßer Durchführung des Beförderungsvertrages ist der Rechtslage nach englischem und walisischen Recht mithin immanent.
(Quelle: PM des OLG)