Familienrecht Urteile 2013 |
12.08.2013
Volljährige Kinder haben gegen ihre Eltern nach dem Gesetz grundsätzlich einen Anspruch auf Unterhalt, bis sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Über die Reichweite dieses sog. Ausbildungsunterhalts hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Beschluss entschieden.
Die Antragstellerin, die bei ihrer Mutter lebt, schloss die Realschule mit einem Notendurchschnitt von 3,6 ab. Anschließend jobbte sie als ungelernte Kraft bei verschiedenen Arbeitgebern und leistete Praktika zum Teil in der Hoffnung, dadurch einen Ausbildungsplatz zu erhalten. In dieser Zeit deckte sie ihren Unterhaltsbedarf selbst ab. Im August 2010 begann sie eine Ausbildung als Fleischereifachverkäuferin. Ab diesem Zeitpunkt verlangte sie von ihrem Vater, ihr Ausbildungsunterhalt zu zahlen. Der meinte, dazu nicht mehr verpflichtet zu sein - und scheiterte jetzt vor dem BGH.
Die Karlsruher Richter verwiesen zunächst auf ihre ständige Rechtsprechung. Danach ist der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Pflicht der Eltern, ihrem Kind eine Berufsausbildung zu ermöglichen, steht auf Seiten des Kindes die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Verletzt das Kind nachhaltig diese Obliegenheit, verliert es seinen Unterhaltsanspruch und muss seinen Lebensunterhalt selbst verdienen.
In seiner Entscheidung stellte der BGH jetzt klar, dass auch eine mit dreijähriger Verzögerung aufgenommene Erstausbildung einen Unterhaltsanspruch begründen kann, wenn die Zeit zwischen Schulabschluss und Ausbildung mit Praktika und ungelernten Tätigkeiten überbrückt wurde (Beschluss vom 3. Juli 2013, Az: XII ZB 220/12).
Denn Bewerber mit schwachem Zeugnis seien verstärkt darauf angewiesen, durch Motivation und Interesse an dem Berufsbild zu überzeugen. Das könne auch durch vorgeschaltete Berufsorientierungspraktika oder mittels eines Einstiegs über eine ungelernte Aushilfstätigkeit gelingen. Übe das Kind diese Tätigkeiten aus, um einen Ausbildungsplatz zu erlangen, liege keine Obliegenheitsverletzung vor.