Familienrecht Urteile 2016 |
22.09.2016
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in seinem Beschluss vom 24. August 2016 mit der Frage befasst, ob ein deutscher Samenspender als Vater der mit seinem Sperma gezeugten, in einer kalifornischen Fortpflanzungsklinik in flüssigem Stickstoff eingefrorenen Embryonen festgestellt werden kann (Az.: XII ZB 351/15).
Der Antragsteller lebt in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Im gemeinsamen Haushalt leben - neben einer im Jahre 2010 von einer Leihmutter in Indien geborenen Tochter - zwei im Oktober 2012 von einer Leihmutter in Kalifornien geborene Töchter. Nach Darstellung des Antragstellers wurden diese mittels seiner Spermazellen sowie Eizellen einer Spenderin in Kalifornien künstlich gezeugt, wobei parallel dazu die neun Embryonen entstanden.
Er will die Embryonen nach seinen Angaben "zur Geburt führen" und betreibt neben dem vorliegenden, auf Feststellung der Vaterschaft für die Embryonen gerichteten Verfahren u. a. ein die elterliche Sorge für die Embryonen betreffendes Verfahren.
Vor dem BGH ist der Antragsteller mit seinem auf Feststellung der Vaterschaft gerichteten Begehren nicht durchgedrungen. Allerdings ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben, weil der Antragsteller, der die Feststellung seiner Vaterschaft begehrt, Deutscher ist.
Welches nationale Recht anzuwenden ist, bestimmt sich in Fällen wie dem vorliegenden nach der Staatsangehörigkeit des die Feststellung der Vaterschaft begehrenden Mannes. Danach ist hier nicht kalifornisches, sondern deutsches Abstammungsrecht maßgeblich. Das deutsche Recht sieht eine Vaterschaftsfeststellung vor der Geburt des Kindes jedoch nicht vor.
Der Mann ist Vater eines Kindes, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist. Bei einer Vaterschaft, die auf einer ehelichen Geburt beruht, ist im Zeitpunkt der Geburt eine zusätzliche Vaterschaft weder aufgrund Anerkennung noch aufgrund gerichtlicher Feststellung möglich.
Vielmehr setzt eine Vaterschaft in solchen Fällen zunächst die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft aufgrund ehelicher Geburt voraus. Ob das Kind ehelich geboren wird, kann aber erst im Zeitpunkt der Geburt beantwortet werden. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Anerkennung der Vaterschaft schon vor der Geburt des Kindes zulässig ist. Denn auch eine vorgeburtliche Anerkennung kann aus den genannten Gründen frühestens mit der Geburt Wirksamkeit entfalten.
Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller darauf, der Anspruch auf Vaterschaftsfeststellung oder jedenfalls auf die Zuerkennung eines diesem gleichwertigen Zuordnungsstatus folge unmittelbar aus der Verfassung. Dabei kann offen bleiben, ab welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang ein extrakorporaler Embryo grundrechtlichen Schutz genießt.
Es kann auch dahinstehen, inwieweit der Antragsteller, der sich bewusst unter das Rechtsregime eines anderen Staates begeben hat, um die Verbotstatbestände in Deutschland zu umgehen, sich darauf berufen könnte, nach deutschem Recht einen Status zu erlangen, der vermeintlich dem Schutz der im Ausland befindlichen Embryonen dienen soll.
Denn zum einen ist nicht ersichtlich, inwiefern die Embryonen eines Schutzes durch den Antragsteller bedürfen, den dieser nicht bereits jetzt - wenn auch auf vertraglicher Grundlage im Verhältnis zu der kalifornischen Reproduktionsklinik - sicherstellen kann. Zum anderen bedürfte es zur Gewährleistung des Schutzes für die Embryonen ohnehin nicht der Feststellung eines Eltern-Kind-Verhältnisses oder eines vergleichbaren Status. Vielmehr wirft der Antragsteller insoweit Fragen der Fürsorge auf, die nach deutschem Recht nicht dem Abstammungsrecht zugeordnet sind.
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 19.09.2016)