Familienrecht Urteile 2016 |
29.12.2016
Nehmen beide Ehegatten in einem Zugewinnausgleichsverfahren zunächst irrtümlich an, dass ein von ihnen auf einem Erbbaugrundstück gemeinsam errichtetes Haus in ihrem hälftigen Miteigentum steht, kann der tatsächlich allein erbbauberechtigte Ehegatten den anderen über die Tatsache seines Alleineigentums aufzuklären haben, wenn er während des Verfahrens von diesem Irrtum erfährt.
Das hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) am 17. Juni 2016 beschlossen (Az.: 3 UF 47/15). Die beteiligten Eheleute schlossen im Jahre 1999 die Ehe. Der heute 45 Jahre alte Ehemann war Inhaber eines Erbbaurechts an einem örtlichen Grundstück, auf dem die Ehegatten nach der Heirat gemeinsam ein Einfamilienhaus mit einem heutigen Gesamtwert von ca. 236.000 Euro errichteten. Im Jahre 2012 trennte sich die heute 41 Jahre alte Ehefrau vom Ehemann und zog mit den gemeinsamen drei Kindern aus dem Haus aus. In der Folgezeit begehrte die Ehefrau u.a. den Zugewinnausgleich.
Die insoweit angestellten Berechnungen beider Ehegatten gingen zunächst übereinstimmend davon aus, dass beide hälftige Miteigentümer des errichteten Hauses seien. Auf dieser Grundlage verständigten sich die Eheleute im Wege eines im Jahre 2014 abgeschlossenen Teilvergleichs darauf, dass der Ehemann gegen Zahlung von 15.000 Euro sämtliche vermögensrechtlichen Ansprüche der Ehefrau ausgleicht.
Nach dem Abschluss des Vergleiches erfuhr die Ehefrau, dass ihr Mann alleiniger Inhaber des Erbbaubrechts war. Dieser Umstand war dem Ehemann aus Anlass einer Überprüfung des Erbbaurechts einige Wochen vor dem Vergleichsabschluss bekannt, im Scheidungsverfahren dann aber von ihm nicht mitgeteilt worden. Nach dem der Ehefrau die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse bekannt geworden waren, hat sie den Teilvergleich angefochten.
Das OLG hat festgestellt, dass die Ehefrau den Teilvergleich wirksam angefochten habe. Beim Vergleichsschluss sei sie von ihrem Ehemann über ihr vermeintliches hälftiges Miteigentum an dem Haus durch bewusst unterlassene Aufklärung arglistig getäuscht worden und deswegen zur Anfechtung berechtigt. Die ihm noch vor dem Vergleichsschluss bekannt gewordene Rechtstatsache, dass aufgrund seines alleinigen Erbbaurechts an dem Grundstück auch das Eigentum an dem hierauf gemeinsam errichteten Haus allein ihm zustehe, habe der Ehemann im vorliegenden Fall ungefragt offenbaren müssen. In der Annahme ihres hälftigen Miteigentums am Haus habe die Ehefrau einen erheblich geringeren Zugewinnausgleichsanspruch errechnet.
Die Fehlvorstellung über die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse an dem Haus sei für ihre Zustimmung zum Vergleich ausschlaggebend gewesen. Nachdem beide Eheleute im Verfahren über einen längeren Zeitraum und auch übereinstimmend von ihrem Miteigentum ausgegangen seien, sei die Ehefrau nicht mehr gehalten gewesen, diese Tatsache vor dem Vergleichsabschluss zu überprüfen.
Demgegenüber sei der Ehemann, der die Fehlvorstellung durch seinen Vortrag zunächst noch bekräftigt habe, nach Bekanntwerden der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse gehalten gewesen, diese im Verfahren ungefragt zu offenbaren. Ihm sei bekannt gewesen, dass der vom hälftigen Miteigentum ausgehende Vergleichsbetrag seine Ehefrau wirtschaftlich erheblich benachteilige und sie beim Aufdecken der Fehlvorstellung einen deutlich höheren Zugewinnausgleich fordern würde.
(Quelle: PM des OLG)