Erbrecht Urteile 2017 |
12.01.2017
Das Oberlandesgericht München (OLG) hält eine Testierunfähigkeit des Erblassers Cornelius Gurlitt nicht für erwiesen. Dem im Testament als Alleinerbe eingesetzten Kunstmuseum Bern wurde danach der Erbschein zu Recht erteilt. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 15. Dezember 2016 hat das OLG die Nachlassbeschwerde der Cousine des Erblassers gegen die Bestätigung des Erbscheinantrags des Kunstmuseums Bern zurückgewiesen (Az.: 31 Wx 144/15). Das OLG hält das Testament von Cornelius Gurlitt vom 9. Januar 2014, in dem er das Kunstmuseum Bern zum Alleinerben eingesetzt hat, für wirksam. Eine Testierunfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung kann nicht nachgewiesen werden. Maßgeblich für die Erbfolge ist danach dieses Testament.
Grundsätzlich gilt jedermann, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, als testierfähig. Nur derjenige kann ein Testament nicht errichten, der wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.
Da diese Umstände aber die Ausnahme bilden, sei ein Erblasser solange als testierfähig anzusehen, bis das Gegenteil bewiesen ist. Eine Testierunfähigkeit des Herrn Gurlitt zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abfassung des Testaments sei jedoch nicht festzustellen.
Die Bewertung der Privatgutachter der Beschwerdeführerin, der Erblasser sei in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung des Testaments vorher und nachher laufend desorientiert gewesen bzw. habe bei Errichtung des Testaments an einem Wahn und/oder einer mittelschweren Demenz gelitten, treffe aus psychiatrischer Sicht nicht zu. Das OLG ist nicht davon überzeugt, dass der Erblasser bei Errichtung des Testaments an einem Wahn gelitten habe, der die Testierfähigkeit zu diesem Zeitpunkt aufgehoben hätte.
Zwar seien im Laufe des Verfahrens einige Anhaltspunkte zu Tage getreten, die einen Wahn des Erblassers grundsätzlich denkbar erscheinen ließen. Diese Anhaltspunkte würden aber für eine gesicherte Überzeugungsbildung in diese Richtung nicht ausreichen, zumal der Erblasser zu Lebzeiten nicht entsprechend untersucht worden sei und es sich bei den entsprechenden Beobachtungen und Einschätzungen Dritter um solche von medizinischen Laien handle.
Des Weiteren ist das OLG auch nicht davon überzeugt, dass der Erblasser bei Errichtung des Testaments an einer Demenz gelitten habe, die die Testierfähigkeit zu diesem Zeitpunkt aufgehoben hätte. Maßgebliche Kriterien für die Annahme einer Demenz sei die Abnahme des Gedächtnisses und anderer kognitiver Fähigkeiten. Für diese gebe es im Verfahren zwar Anhaltspunkte; diese würden aber nicht zwingend den Schluss auf eine Demenz nach sich ziehen. Im Übrigen deute der Umstand, dass der Erblasser vor einer - durchaus lebensbedrohlichen - Operation ein Testament verfasste, eher darauf hin, dass er sehr wohl in der Lage war, abwägende und vernünftige Entscheidungen zu treffen.
Schließlich konnte sich das OLG auch nicht davon überzeugen, dass der Erblasser bei Errichtung des Testaments an einem sog. Delir gelitten habe, das die Testierfähigkeit zum fraglichen Zeitpunkt aufgehoben hätte. Insbesondere ist das OLG nicht davon überzeugt, dass der Willensbildungsprozess des Erblassers, der der Testamentserrichtung vorausging, zu einem Zeitpunkt erfolgt wäre, zu dem es zu physischen oder psychischen Komplikationen gekommen wäre. Vieles spreche zudem dafür, dass der Erblasser sowohl bei der Vorbesprechung als auch bei der Beurkundung des Testaments vollständig orientiert war.
(Quelle: PM des OLG)