Interview | Nutzen von Online MarktplätzenExperteninterview mit Marcel Rösel vom Handelsverband Hessen e.V. |
| handel.digital handel.digital ist die Digitalisierungskampagne des Handelsverbandes Hessen e.V. und wird gefördert durch das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen sowie digitales.hessen. Unsere Mission ist Handelsunternehmen aller Digi-Level in entscheidenden Bereichen der Digitalisierung weiterzubringen. Im handel.digital Podcast, auf dem Wissenshub www.handel.digital, am Helpdesk und in Workshops sind wir Ihr Ansprechpartner für digitale Maßnahmen. |
Warum empfiehlt handel.digital Unternehmen den Einstieg in Online-Marktplätze?
Der Onlinehandel wächst weiter sehr stark. Das zeigen auch die neuesten Daten des HDE Online-Monitors 2021. Die Menschen kaufen häufiger online und sie geben dabei immer mehr Geld aus. Online-Marktplätze oder marktplatzartige Verkaufsplattformen spielen in dieser Entwicklung eine entscheidende Rolle. Verkaufsplattformen wie Otto, Zalando oder Real wachsen schneller als der restliche Markt. Aus Sicht der Kundschaft ist dies absolut nachvollziehbar, denn die Plattformen bieten ein zentrales Angebot, sind sehr preistransparent und durch die hohe Artikelauswahl auch bequem. Nicht zuletzt deshalb gibt es so viele Amazon Prime Member in Deutschland, wie Angehörige beider großen Konfessionen zusammengerechnet. Dieser Trend wird auch in Zukunft die Entwicklung des Handels bestimmen. Unternehmen, die nicht auf Online-Marktplätzen gelistet sind, versäumen einen Kontaktpunkt mit hoher Kundenfrequenz.
Wie kann man sich auf den Markteintritt vorbereiten?
Eine digitale Warenwirtschaft oder ein ERP wird zwingend benötigt. Sie bilden die Schnittstelle zur digitalen Welt. Cloud-Lösungen bieten dafür günstige Bedingungen, denn sie erzeugen kaum Anlaufkosten und können mit dem Umsatz wachsen. In diesem Zusammenhang ist der eigentliche Kostentreiber die Produktdatenpflege. Denn meistens erfordern Marktplätze eigene Produktdaten. Da dies sehr zeitaufwendig ist, empfehlen wir zu Beginn nur eine kleine Auswahl an Artikeln listen zu lassen. Wenige Artikel reichen aus, um Entwicklungschancen bei den internen Prozessen aufzudecken. Einsteiger ziehen besonders viel aus dem engen Austausch mit erfahrenen Marktteilnehmern. Daher vernetzen wir im Handelsverband die Unternehmen miteinander und sorgen für regelmäßigen Fachinput. So werden Erfahrungen weitergegeben und unnötige Kosten vermieden. Generell gilt: Veränderung beginnt im Kopf. Dies gilt für Digitalisierung genauso wie für neue Vertriebswege. Ein Unternehmen, das neue Vertriebswege erschließt, wird zwingend Fehler machen. Daher sollten die verantwortlichen Personen ein unternehmerisches Mindset mitbringen und ihr Team auf bevorstehende Veränderungen einstimmen. Unternehmen, die intern klarstellen, warum der Marktplatzeinstieg passiert und welche Ziele verfolgt werden, entwickeln sich besser.
Gibt es Stolperfallen auf Verkaufsplattformen, die ein Unternehmen im Blick haben sollte?
Im Falle vom eCommerce über Verkaufsplattformen sprechen wir von relativ niedrigen Fix- und Anlaufkosten. Diese liegen deutlich unter den Kosten für einen eigenen Onlineshop. Das verleitet in gewisser Weise dazu, es bei diesem Vertriebsweg zu belassen. Aus Erfahrungen der Mitgliedsunternehmen weiß der Handelsverband: Jeder Handelsbetrieb erlebt Sperrungen von Artikeln oder zeitweise komplette Sperrung des Kontos. Daher raten wir dringend dazu, Online-Marktplätze als einen weiteren zusätzlichen Vertriebskanal zu nutzen. Das Risiko lässt sich weiter minimieren, indem gleich mehrere unabhängige Vertriebswege genutzt werden. Etwa in einer Kombination aus lokalem Ladengeschäft, eigenem digitalen Schaufenster und mehreren Online-Marktplätzen. Ein weiterer Knackpunkt besteht darin, dass der Kunde auf einer Verkaufsplattform in erster Linie die Produkte sieht. Einen direkten Kundenkontakt zu den Handelsunternehmen gibt es nur bei manchen Marktplatzanbietern. Markenbildung und einer persönlichen Bindung zur Kundschaft wird somit ein Riegel vorgeschoben. Doch die persönliche Bindung kann den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg eines Handelsunternehmens ausmachen. In den Gesprächen mit Händlerinnen und Händlern steht daher eine integrierte eCommerce-Strategie im Vordergrund. Der kanalübergreifende Vertrieb und das eigene Marketing sollten eine zentrale Rolle in der Ausrichtung des Unternehmens darstellen. Zusatzeinnahmen sollten in eigene Kanäle investiert werden, etwa eine digitale Kundenkartei (CRM), Newsletter-Tool und Website.
Wie können Unternehmen Ihre Wettbewerbsfähigkeit auf Online-Marktplätzen verbessern?
Die Optimierung von Unternehmen ist hochindividuell. Zum Glück fallen im eCommerce viele Daten an. Diese können zeigen, wo sich Umstellungen lohnen. Klassische Probleme sind ungewöhnlich hohe Retourenquoten, niedrige Umschlagshäufigkeit oder Ausfallkosten. Zur Minderung der Retourenquote helfen oft bessere Produktbeschreibungen und Zusatzinformationen, weshalb Artikel zurückgegeben werden. Die Umschlagshäufigkeit kann durch Sortimentsstrategien und den Fokus auf Artikel mit guten Leistungswerten verbessert werden. Bei hohen Ausfallkosten sollten die Zahlverfahren angepasst werden, etwa den Rechnungskauf über einen Drittanbieter abzuwickeln. Für fortgeschrittene Lösungen sind Dienstleister zuständig. Um Unternehmen zu unterstützen, stehen im Partnernetzwerk des Handelsverbandes spezialisierte Dienstleister bereit, etwa zur dynamischen Bepreisung oder Verkaufsprognostik.
Wie löst ein Handelsbetrieb seinen Investitionsstau?
Bei dem aktuell hohen Innovationstempo entsteht die Herausforderung, dass eine einzelne Person nicht alles mitbekommt oder gar verstehen kann. Es gibt zu viele Veränderungen und Unternehmen geraten in die Position, nicht mehr sinnvoll entscheiden zu können. In meinen Vorträgen nenne ich diesen Zustand den "Entscheidungs-Overkill". Ich kann nicht genug betonen, wie hilfreich daher die Vernetzung mit und in der Branche ist. Mit der Digitalisierungskampagne handel.digital genießen wir in Hessen eine zentrale Stellung. Stündlich erfahren wir von do´s and dont´s der Digitalisierung und geben dieses Wissen weiter. Spätestens dann, wenn die Digitalisierungsmaßnahme feststeht, kommt die Frage nach deren Finanzierung. Wir helfen bei Finanzierungsfragen. Durch unsere Vernetzung wissen wir von den Fördermöglichkeiten auf Landes- und Bundesebene. In den letzten Jahren haben wir erlebt, wie mehr und mehr Handelsbetriebe ihren Investitionsstau lösten und in Digitalmaßnahmen investierten. Diese Unternehmen sind wettbewerbsfähig und haben einen scharfen Kundenfokus. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Investitionen in Digitalisierung die Produktivität der Betriebe stark steigen ließ. Derzeitig werten wir die Ergebnisse einer Umfrage zum Return on Invest aus. Wir haben einen Produktivitätszuwachs erwartet, waren aber dann doch erstaunt, wie groß der Return on Invest ausfällt. Die gute Botschaft lautet daher für Handelsbetriebe, es ist nicht zu spät, um sich zu digitalisieren.
Über den Experten
Marcel Rösel ist Leiter der Digitalisierungskampagne handel.digital. Gerne unterstützen er und das handel.digital Team Sie dabei, die Digitalisierung effizient und praktisch einzusetzen.
| Kontakt Marcel Rösel Projektleiter handel.digital Handelsverband Hessen e.V. Flughafenstraße 4a 60528 Frankfurt am Main Mobil: +49 (0)160-96686514 Tel: +49 (0)69-1330910 E-Mail: roesel@hvhessen.de Web: www.hvhessen.de Web: www.handel.digital LinkedIn: www.linkedin.com/in/marcel-rösel-a1b047177/ Podcast: https://apple.co/3eTY4Xp |
Der Verkauf auf den Marktplätzen eBay, Amazon, Kaufland.de, idealo, METRO Marktplatz oder Hood unterscheidet sich von dem Handel mit dem eigenen Internetshop. AGB & Co. berücksichtigen neue Gesetze, Urteile und Änderungen auf den Plattformen. Mit unseren speziell entwickelten AGB-Services sind Sie vor Abmahnungen dauerhaft geschützt.
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