Viele Startup-Unternehmen machen mit dem Arbeitsrecht erst dann Bekanntschaft, wenn es zu spät ist. Das muss nicht sein, denn mit den nachfolgenden Tipps geht man den meisten Klippen aus dem Weg:
Tipp 1: Befristung
Arbeitsverträge sollten grundsätzlich befristet werden. Vorteil: Der Vertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Dauer, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Auch während der Befristung kann gekündigt werden, wenn dies im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Startups dürfen sogar bis zur Dauer von vier Jahren befristen.
Tipp 2: Überstunden
Das Arbeitszeitgesetz regelt, wie lange Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten dürfen und zwar großzügiger als man vielleicht denken würde. Zwar darf ein Arbeitnehmer täglich grundsätzlich ''nur'' 8 Stunden arbeiten, aber diese 8 Stunden dürfen auf bis zu 10 Stunden pro Tag ausgeweitet werden, wenn innerhalb eines 6 Monats-Zeitraums ein Durchschnitt von 8 Stunden am Tag eingehalten wird.
Bei diesem Ausgleichszeitraum wird aber auch der Samstag berücksichtigt. Das bedeutet: Arbeitet der Arbeitnehmer zwischen Montag und Freitag je 10 Stunden ist durch den arbeitsfreien Samstag fast schon sichergestellt, dass der Schnitt von 8 Stunden pro Werktag eingehalten wird.
Ein anderes Thema ist die Vergütung von Überstunden: Hier kann im Arbeitsvertrag eine feste Wochenstundenzahl vereinbart werden. Jede darüber hinausgehende Stunde ist dann eine vergütungspflichtige Überstunde. Es kann aber auch geregelt werden, dass eine bestimmte Anzahl an Überstunden schon mit der normalen Vergütung abgegolten wird.
Tipp 3: Schwellenwerte
Viele arbeitsrechtliche Gesetze knüpfen an die Zahl der Beschäftigten im Betrieb an. Grundsätzlich kann man sagen, dass umso höher die Beschäftigtenzahl ist, umso mehr Vorschriften berücksichtigt werden müssen. Es ist daher zu empfehlen, diese Schwellenwerte zu beachten.
Der wichtigste Schwellenwert ist wohl der des Kündigungsschutzgesetzes. Dieses gilt in seinen entscheidenden Bestimmungen nicht für Kleinbetriebe, also Betriebe, in denen nicht mehr als 10 Beschäftigte arbeiten. Stehen Sie also vor der Frage, ob Sie die Putzfrau anstellen wollen, oder ob Sie eine Firma beauftragen sollen, Ihre Büroräume zu reinigen, sollten Sie einmal auf die Beschäftigtenzahl schauen.
Der nächste ''kritische'' Schwellenwert liegt bei 20 Beschäftigten. ''Beschäftigt'' sind übrigens auch Minijobber oder Teilzeitmitarbeiter. Sie zählen bei einer Wochenarbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und bei einer Wochenarbeitszeit von nicht mehr als 30 Stunden zu 0,75.
Tipp 4: Urlaub
Die Gesetze zum Urlaub sind meist zwingend, d.h. man kann von ihnen durch den Arbeitsvertrag nicht abweichen. Das trifft aber nur auf den Mindesturlaub von vier Wochen im Jahr zu. Wenn Sie mehr Urlaub gewähren, sollten Sie im Arbeitsvertrag klar stellen, dass dieser vertraglich vereinbarte Urlaub anders zu behandeln ist, als der gesetzliche Mindesturlaub.
Beispiel: Sie haben einen Mitarbeiter mit 30 Urlaubstagen, der vom 1. Januar bis zum 31. März des Folgejahres durchgehend arbeitsunfähig krank ist. Urlaub? Kann er nach dem 31. März in voller Höhe nehmen, wenn Sie nichts anderes im Arbeitsvertrag vereinbart haben. Dies können Sie aber für die 10 Tage, die über dem gesetzlichen Mindesturlaub liegen, durchaus tun.
Tipp 5: Ausschlussklausel
Eine Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag regelt, dass Ansprüche beiderseits innerhalb eines bestimmten Zeitraums schriftlich geltend gemacht werden und ggf. innerhalb eines bestimmten Zeitraum eingeklagt werden müssen. Wenn ansonsten nichts im Arbeitsvertrag steht - diese Klausel sollte Bestandteil jedes Vertrages sein, denn sie schützt vor allem den Arbeitgeber vor Ansprüchen, die sich im Laufe der Zeit auf Seiten seines Arbeitnehmers angehäuft haben. Da für arbeitsrechtliche Ansprüche die Regelverjährung von drei Jahren gilt, können andernfalls umfangreiche Ansprüche auflaufen.
Tipp 6: Klagen lassen
Wenn es zum Konflikt kommt, sollte der Arbeitgeber nicht davor zurückschrecken, sich auch mal verklagen zu lassen. Hintergrund ist eine Besonderheit des Arbeitsrechts: Hiernach müssen die Parteien in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht ihre Kosten selbst tragen auch wenn sie gewinnen.
Das heißt, dass der Arbeitgeber nicht für die Anwaltskosten seines Arbeitnehmers aufkommen muss, wenn dieser den Prozess gewinnt. Womöglich hindert diese Kostenregelung sogar den Arbeitnehmer daran, einen Prozess zu beginnen.
Tipp 7: Vergütung Teil 1
Wenn Sie in der glücklichen Lage sind, dass Sie Ihren Mitarbeitern weit mehr als den gesetzlichen Mindestlohn zahlen können, können Sie Tipp 7 überspringen.
Wenn Sie aber in die Nähe des Mindestlohnes kommen, sollten Sie beachten, dass es bestimmte Zahlungen gibt, die auf den Mindestlohn angerechnet werden, andere dagegen nicht. Beispielsweise sollten Sie das Weihnachtsgeld dann lieber auf die monatlichen Lohnzahlungen verteilen, als einen großen Geldbetrag am Ende des Jahres zu zahlen.
Tipp 8: Vergütung Teil 2
Praktikanten: Das Mindestlohngesetz gilt grundsätzlich ebenfalls für Praktikanten. Die Ausnahmeregelungen sind komplex. Wenn Sie sicher sein wollen, dass Ihr Praktikant keiner ist, dem Sie Mindestlohn zahlen müssen, sollten Sie
a) entweder auf Minderjährige zurückgreifen oder
b) den Praktikanten nicht länger als drei Monate beschäftigen oder
c) nur solche Praktikanten anstellen, die ein Pflichtpraktikum absolvieren.
Tipp 9: Scheinselbstständigkeit vermeiden
Scheinselbstständige sind nur zum Schein selbstständig, tatsächlich sind es abhängig beschäftigte Arbeitnehmer. Scheinselbstständigkeit kann für den Arbeitgeber teuer, manchmal existenzgefährdend sein, denn der Arbeitgeber muss die nicht gezahlten Sozialversicherungsbeiträgen zurückzahlen und kann sich - wenn es schlecht läuft - sogar strafbar machen.
Leider sind die Kriterien, nach denen beurteilt wird, ob jemand selbstständig oder abhängig beschäftigt wird, mehr als vage. Hier reicht es auch nicht aus, wohlklingende Formulierungen in die Verträge zu schreiben, da es auf deren tatsächliche Umsetzung im Alltag ankommt. Bestehen Zweifel, liegt meist ein Arbeitsverhältnis vor. Empfehlen kann man da nur, bei der Deutschen Rentenversichrung ein sog. Statusfeststellungsverfahren zu beantragen. Mit diesem wird von der letztlich entscheidenden Stelle festgestellt, ob eine Selbstständigkeit vorliegt oder eben nicht.
Tipp 10: Fachanwälte
Kommt es doch zu einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung, sollten Sie nicht an der falschen Stelle sparen und einen Fachanwalt für Arbeitsrecht beauftragen. Arbeitsrecht ist ein spezielles Rechtsgebiet und nicht jeder Rechtsanwalt ist hiermit vertraut. Ein Fachanwalt muss sich laufend im Arbeitsrecht fortbilden und hat praktische Tätigkeit in diesem Rechtsgebiet nachgewiesen.