Arbeitsrecht Urteile 2012 |
16.04.2012
Immer mehr Arbeitgeber führen für ihre Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto. Auf ihm wird die tatsächlich geleistete Arbeit festgehalten und mit der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit verrechnet. Aber darf der Arbeitgeber das auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesene Zeitguthabens des Arbeitnehmers auch mit Minusstunden verrechnen?
Über diese Frage hatte jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu befinden. Das Fazit der Erfurter Richter: Erlaubt ist eine Verrechnung nur, wenn die der Führung des Arbeitszeitkontos zugrunde liegende Vereinbarung die Möglichkeit dazu eröffnet (Urteil vom 21. März 2012, Az.: 5 AZR 676/11).
Um folgenden Fall ging es: Die Klägerin war als Briefzustellerin bei der Beklagten angestellt. Auf ihr Arbeitsverhältnis fanden die für das Unternehmen der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung. Am 1. April 2008 trat ein neuer Tarifvertrag in Kraft, der die (bezahlten) Erholungszeiten innerhalb der Arbeitszeit kürzte. Die Kürzung konnte jedoch erst zum 1. Juli 2008 in neuen Dienstplänen umgesetzt werden.
Die Beklagte strich deshalb ein Zeitguthaben von 7,2 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto der Klägerin. Begründung: Die Klägerin habe im Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni 2008 die geschuldete Arbeitszeit nicht vollständig erbracht. Das wollte die Klägerin nicht hinnehmen und klagte auf Gutschrift der gestrichenen Stunden.
Das BAG gab ihrer Klage statt. Als Ermächtigungsgrundlage für die Verrechnung ihres Zeitguthabens mit den Minusstunden komme nur eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag in Betracht, so die Richter. Die gab es hier aber nicht: Weder der Tarifvertrag noch die Betriebsvereinbarung der Beklagten erlaubten es, das Arbeitszeitkonto mit Minusstunden zu belasten, die sich aus der Nichtausschöpfung der vorgesehenen Wochenarbeitzeit in den Dienstplänen ergaben.