Arbeitsrecht Urteile 2021 |
16.12.2021
JobRad-Modelle erfreuen sich zunehmender Beliebtheit: Der Arbeitgeber least Fahrräder und überlässt sie im Rahmen einer Barlohnumwandlung seinen Beschäftigten zur privaten Nutzung einschließlich des Arbeitswegs. Dabei überträgt er seine eigenen Verpflichtungen gegenüber dem Leasinggeber, z. B. die Pflicht zur regelmäßigen Wartung, auf die Beschäftigten. Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hatte nun über den Unfallversicherungsschutz einer Arbeitnehmerin bei der Erfüllung einer speziellen dieser Verpflichtungen zu entscheiden.
Der Arbeitgeber hatte seinen Mitarbeitern ein solches JobRad-Modell angeboten. Es sollte u. a. einen Beitrag zur Verbesserung und Förderung der Gesundheit der Mitarbeiter leisten und die Parkplatzsituation auf dem Betriebsgelände verbessern. In seinen Leasingverträgen mit der JobRad GmbH buchte der Arbeitgeber auch eine besondere, alljährliche Wartung auf Kosten der JobRad GmbH. Sodann verpflichtete er in den vorformulierten Überlassungsverträgen die teilnehmenden Mitarbeiter u. a. ausdrücklich zur Durchführung dieser Jahreswartung.
Im November 2017 erinnerte er die Mitarbeiter durch E-Mail an diese Wartung, wobei er die Werkstatt und die Modalitäten zur Bezahlung der Wartung vorgab. Die Klägerin verunglückte im März 2018 nach Abholung des gewarteten Rades auf dem Weg von der Werkstatt nach Hause, als an einem haltenden Pkw unvorsichtig die Fahrertür geöffnet wurde. Sie erlitt erhebliche Verletzungen am linken Knie. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, weil die Abholung des Rades eine privatnützige Tätigkeit gewesen sei.
Das LSG widersprach dem in seinem Urteil vom 21. Oktober 2021 (Az.: L 1 U 779/21) und hat festgestellt, dass der Unfall der Klägerin ein Arbeitsunfall war. Zwar sei grundsätzlich die Nutzung eines Jobrads privatnützig, wenngleich auch der Arbeitgeber generell von solchen Modellen profitiere. Aber zumindest die besondere Jahreswartung stelle hier ausnahmsweise eine betriebsbezogene Verrichtung dar, mindestens eine Verrichtung mit gemischter Motivationslage, bei welcher der Betriebsbezug die privaten Interessen des Arbeitnehmers überwiege.
Der Arbeitgeber habe hier - mit der jährlichen Wartung - eine zusätzliche Pflicht gegenüber dem Leasinggeber freiwillig übernommen und durch vorformulierte Klauseln auf die teilnehmenden Mitarbeiter übertragen. Auch wenn die Wartung außerhalb der regulären Arbeitszeit stattfand, ergebe sich ein Betriebsbezug aus der E-Mail des Arbeitgebers mit der Aufforderung und konkreten Vorgaben zur Wartung und den vertraglichen Abreden über die Kostentragung.
Ausgehend von dieser Einordnung befand sich die Klägerin hier, als der Unfall geschah, auf dem versicherten direkten Heimweg von der Arbeit nach Hause. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
(Quelle: Pressemitteilung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21.10.2021)