Internetrecht Urteile 2018 |
10.05.2018
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 19. April 2018 entschieden, dass das Angebot des Werbeblockerprogramms AdBlock Plus nicht gegen Wettbewerbsrecht verstößt (Az.: I ZR 154/16).
Der klagende Verlag stellt seine redaktionellen Inhalte auch auf seinen Internetseiten zur Verfügung. Dieses Angebot finanziert er durch Werbung, also mit dem Entgelt, das er von anderen Unternehmen für die Veröffentlichung von Werbung auf diesen Internetseiten erhält.
Die Beklagte vertreibt das Computerprogramm AdBlock Plus, mit dem Werbung auf Internetseiten unterdrückt werden kann. Werbung, die von den Filterregeln erfasst wird, die in einer Blacklist enthalten sind, wird automatisch blockiert. Die Beklagte bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihre Werbung von dieser Blockade durch Aufnahme in eine Whitelist ausnehmen zu lassen.
Voraussetzung hierfür ist, dass diese Werbung die von der Beklagten gestellten Anforderungen an eine "akzeptable Werbung" erfüllt und die Unternehmen die Beklagte am Umsatz beteiligen. Bei kleineren und mittleren Unternehmen verlangt die Beklagte für die Ausnahme von der automatischen Blockade nach eigenen Angaben keine Umsatzbeteiligung.
Der Kläger hält den Vertrieb des Werbeblockers durch die Beklagte für wettbewerbswidrig. Er hat beantragt, die Beklagte und ihre Geschäftsführer zu verurteilen, es zu unterlassen, ein Computerprogramm anzubieten, das Werbeinhalte auf näher bezeichneten Webseiten unterdrückt. Hilfsweise hat er das Verbot beantragt, ein solches Computerprogramm anzubieten, wenn und soweit Werbung nur nach von der Beklagten vorgegebenen Kriterien und gegen Zahlung eines Entgelts des Klägers nicht unterdrückt wird.
Der BGH hat die Klageabweisung bestätigt. Das Angebot des Werbeblockers stellt keine gezielte Behinderung dar. Eine Verdrängungsabsicht liegt nicht vor. Die Beklagte verfolgt in erster Linie die Beförderung ihres eigenen Wettbewerbs. Sie erzielt Einnahmen, indem sie gegen Entgelt die Möglichkeit der Freischaltung von Werbung durch die Aufnahme in die Whitelist eröffnet. Das Geschäftsmodell der Beklagten setzt demnach die Funktionsfähigkeit der Internetseiten des Klägers voraus. Die Beklagte wirkt mit dem Angebot des Programms nicht unmittelbar auf die vom Kläger angebotenen Dienstleistungen ein.
Der Einsatz des Programms liegt in der autonomen Entscheidung der Internetnutzer. Die mittelbare Beeinträchtigung des Angebots des Klägers ist nicht unlauter. Das Programm unterläuft keine gegen Werbeblocker gerichteten Schutzvorkehrungen des Internetangebots des Klägers. Auch die Abwägung der Interessen der Betroffenen führt nicht zu dem Ergebnis, dass eine unlautere Behinderung des Klägers vorliegt. Dem Kläger ist auch mit Blick auf das Grundrecht der Pressefreiheit zumutbar, den vom Einsatz des Programms ausgehenden Beeinträchtigung zu begegnen, indem er die ihn möglichen Abwehrmaßnahmen ergreift. Dazu gehört etwa das Aussperren von Nutzern, die nicht bereit sind, auf den Einsatz des Werbeblockers zu verzichten.
Es liegt auch keine allgemeine Marktbehinderung vor, weil keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Geschäftsmodell der Bereitstellung kostenloser Inhalte im Internet zerstört wird. Das Angebot des Werbeblockers stellt auch keine aggressive geschäftliche Handlung gegenüber Unternehmen dar, die an der Schaltung von Werbung auf den Internetseiten des Klägers interessiert sind. Es fehlt an einer unzulässigen Beeinflussung dieser Marktteilnehmer, weil die Beklagte eine ihr durch das technische Mittel des Werbeblockers etwaig zukommende Machtposition jedenfalls nicht in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit der Marktteilnehmer zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt.
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 19.04.2018)