Immobilienrecht Urteile 2018 |
21.03.2018
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einer Entscheidung vom 21. März 2018 mit den Voraussetzungen Kündigungsbeschränkung (Sperrfrist) beim Erwerb vermieteten Wohnraums durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beschäftigt (Az.: VIII ZR 104/17).
Der inzwischen über 70 Jahre alte Beklagte zu 1 hat im Jahr 1981 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Vierzimmer-Altbauwohnung in Frankfurt am Main (Westend) gemietet, die er gemeinsam mit seiner Ehefrau und seiner Tochter bewohnt. Die Nettomiete für die 160 qm große Wohnung beläuft sich zwischenzeitlich auf 856,25 Euro monatlich.
Die Klägerin ist eine aus drei Gesellschaftern bestehende GbR, die im Januar 2015 als Eigentümerin und Vermieterin in den Mietvertrag eingetreten ist. Mit Schreiben vom Mai 2015 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis und begründete dies mit dem Eigenbedarf eines ihrer Gesellschafter.
Dieser habe sich von seiner Ehefrau getrennt und benötige als erfolgreicher Immobilienunternehmer repräsentative Wohnräume in entsprechender Wohnlage in der Nähe eines seiner Büros. Die in dem Kündigungsschreiben im Einzelnen beschriebenen leerstehenden Wohnungen in den zahlreichen Liegenschaften in Frankfurt am Main und Umgebung, an denen dieser als Gesellschafter beteiligt sei, kämen insoweit allesamt nicht in Betracht.
Der Beklagte zu 1 widersprach der Kündigung und verlangte die Fortsetzung des Mietverhältnisses. Er machte Härtegründe für sich und seine Familie geltend und zog den von der Klägerin geltend gemachten Eigenbedarf ihres Gesellschafters in Zweifel. Die auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichtete Klage blieb in allen Instanzen schon deshalb ohne Erfolg, weil die Klägerin die dreijährige Kündigungssperrfrist nicht eingehalten hatte.
Der BGH hat entschieden, dass die Kündigungsbeschränkung nicht erfordert, dass zumindest die Absicht des Erwerbers besteht, den vermieteten Wohnraum in Wohnungseigentum umzuwandeln. Vorliegend wäre es der Klägerin als GbR zwar an sich möglich, sich im Anschluss an ihren Eintritt in den Mietvertrag auf einen Eigenbedarf ihres Gesellschafters zu.
Ob im Streitfall ein solcher Eigenbedarf allerdings überhaupt in Betracht kam, ist allerdings unerheblich, da die von der Klägerin im Mai 2015 ausgesprochene Kündigung bereits wegen Nichtbeachtung der Sperrfrist unwirksam war. Der Schutz des Mieters gilt beim Erwerb vermieteten Wohnraums durch Personengesellschaften unabhängig davon, ob Wohnungseigentum begründet wird oder werden soll.
Der Gesetzgeber der einschlägigen Vorschrift wollte den Kündigungsschutz bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nach dem sog. "Münchener Modell" stärken. Bei diesem verzichtet eine GbR oder eine Miteigentümergemeinschaft nach dem Erwerb des mit Mietwohnraum bebauten Grundstücks zunächst auf die Begründung von Wohnungseigentum und den anschließenden Verkauf von Eigentumswohnungen an Interessenten.
Stattdessen kündigt sie den betreffenden Mietwohnraum wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter oder der Miteigentümer und umgeht so eine Kündigungssperre. Mit der eingefügten Neuregelung wollte der Gesetzgeber jedoch nicht allein Umgehungen der Sperrfrist nach dem "Münchener Modell" entgegenwirken, sondern ausdrücklich auch etwaigen neuen Umgehungstatbeständen vorbeugen.
Deshalb hat er für ein Eingreifen der Sperrfrist jede Veräußerung eines mit Mietwohnraum bebauten Grundstücks an eine GbR oder an mehrere Erwerber ausreichen lassen, da sich nach seiner Einschätzung bereits hierdurch das Verdrängungsrisiko für den Mieter erhöht und dieser insoweit eines Schutzes bedarf.
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 21.03.2018)