Familienrecht Urteile 2013 |
25.02.2013
Ein mittels Samenspende gezeugtes Kind kann vom behandelnden Arzt Auskunft über seine genetische Abstammung verlangen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) am 6. Februar 2013 entschieden (Az.: I-14 U 7/12).
Die 1991 geborene Klägerin war durch eine vom beklagten Arzt durchgeführte sog. heterologe Insemination gezeugt worden. Sie verlangte von ihm Auskunft über den Samenspender, um in Erfahrung zu bringen, von welchem Mann sie abstammt. Der Beklagte verweigerte die Auskunft.
Er habe mit den seinerzeit beteiligten Personen vereinbart, dass der Samenspender anonym bleibe. Das daraus folgende Geheimhaltungsinteresse sei höher zu bewerten als das Auskunftsbegehren der Klägerin. Er sei zur Verschwiegenheit verpflichtet. Außerdem könne er die möglichen Samenspender nicht mehr benennen, weil die entsprechenden Unterlagen nicht mehr vorhanden seien.
Nach Ansicht des OLG hat die Klägerin einen Anspruch auf Auskunft. Ihr Interesse, ihre Abstammung zu erfahren, sei höher zu bewerten als die Interessen des Beklagten und der Samenspender an einer Geheimhaltung der Spenderdaten, urteilte das Gericht. Es verwies insoweit auf das Recht der Klägerin auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit.
Um ihre Persönlichkeit verstehen und entfalten zu können, müsse die Klägerin die dafür wesentlichen Faktoren kennen. Hierzu zähle auch ihre Abstammung. Die Freiheit zur Berufsausübung auf Seiten des Beklagten sowie sein Persönlichkeitsrecht und die Persönlichkeitsrechte der Spender müssten dahinter zurücktreten. Der Beklagte und die Spender seien bereits deshalb weniger schutzbedürftig, weil sie die Folgen einer anonymen Samenspende im Vorhinein hätten berücksichtigen und sich darauf hätten einstellen können.
Außerdem habe dem Beklagten wie auch den Spendern bei der künstlichen Zeugung klar sein müssen, dass das gezeugte Kind die gesetzliche Vaterschaft zu einem späteren Zeitpunkt würde anfechten können und es dann ein Recht auf Feststellung der Vaterschaft des Samenspenders haben würde. Da der Beklagte zur Auskunft verpflichtet sei, verstoße er auch nicht gegen die ärztliche Schweigepflicht, wenn er die Auskunft erteile.
Der Beklagte hatte nach Meinung des OLG im Übrigen nicht bewiesen, dass ihm die Erteilung der Auskunft unmöglich sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Beklagte seine damaligen Mitarbeiter bereits vollständig befragt hätte und eine umfassende Recherche nach den vermeintlich fehlenden Unterlagen veranlasst habe.