Gendern durch die Hintertür?Eine verpflichtende Anredeauswahl bei der Bestellung kann das Persönlichkeitsrecht verletzten. |
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat am 14. April 2022 (Az.: 9 U 84/21) die Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Frankfurt (LG) vom 26. August 2021 (Az.: 2-30 O 154/20) verworfen. Der Berufungskläger hat die Frist versäumt. Eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist anhängig (Az.: X ZB 4/22)
In dem Urteil ging es um den Kauf einer Fahrkarte der Deutschen Bahn im Internet. Bei Kauf und Registrierung musste der Interessent bei der Anrede zwischen "Herr" und "Frau" entscheiden. Die klagende Partei ist weder Mann noch Frau und reichte Klage wegen Diskriminierung ein. Das Landgericht entschied, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch die geschlechtliche Identität schütze. Dieses Recht sei verletzt, wenn bei der Anrede die Festlegung auf "Herr" oder "Frau" zwingend ist.
Die Wahl der Anrede sei zudem für den Zweck völlig unerheblich. Die Bahn könne eine geschlechtsneutrale Anrede ("Guten Tag") verwenden. Eine Entschädigung gab es für die klagende Partei allerdings nicht. Die Persönlichkeitsrechtsverletzung sei weder schwerwiegend noch böswillig.
Anbieter von Dienstleistungen und Waren sollten ihre Kundenkommunikation überprüfen. Da wo die Anrede nicht erforderlich ist, sollte auf deren verpflichtende Erhebung verzichtet werden. Wo aus Gründen der Höflichkeit die Angabe der Anrede erfolgen soll, sollte als Auswahloption auch die Nichtanrede/geschlechtsneutrale Anrede aufgeführt werden. So können Erwartungen der Kundenkreise, die eine geschlechtsspezifische Anrede wünschen oder erwarten befriedigt und zugleich die Vorgaben der Antidiskriminierung gerecht werden.
Anbietern von Formularen - wie zum Beispiel janolaw - trifft nach unserer Auffassung keine Pflicht dazu, ihre Vorlagen um eine geschlechtsneutrale Form zu ergänzen. Wie das aussehen könnte, kann man an unserem allgemeinen Kaufvertrag sehen. Der Unterschied zum Fahrkartenkauf ist der, dass die Anrede auf dem Weg zum Produkt (Fahrkarte) erfolgt. Bei Anbietern von Formularen ist dagegen das Formular selbst das Produkt, das erworben wird. Hier muss es dem Anbieter überlassen bleiben, die Anreden anzubieten, die nach seiner Ansicht am häufigsten verkauft werden.
Das Gendern durch die Hintertür ist also nicht zu befürchten. Selbst bei betroffenen Anbietern kann entweder auf eine Anrede komplett verzichtet werden oder es kann neben den konventionellen Anreden auch eine dritte Anrede angeboten werden.
(Stand der Bearbeitung: 02.06.2022)
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