Wirtschaftsrecht Urteile 2021 |
26.08.2021
Mit Beschluss vom 18. August 2021 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen verfassungswidrig ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5% zugrunde gelegt wird (Az.: 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17). Die Verzinsung von Steuernachforderungen mit einem Zinssatz von monatlich 0,5% nach Ablauf einer zinsfreien Karenzzeit von grundsätzlich 15 Monaten stellt eine Ungleichbehandlung von Steuerschuldnern, deren Steuer erst nach Ablauf der Karenzzeit festgesetzt wird, gegenüber Steuerschuldnern, deren Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit endgültig festgesetzt wird, dar.
Diese Ungleichbehandlung erweist sich gemessen am allgemeinen Gleichheitssatz für in die Jahre 2010 bis 2013 fallende Verzinsungszeiträume noch als verfassungsgemäß, für in das Jahr 2014 fallende Verzinsungszeiträume dagegen als verfassungswidrig. Ein geringere Ungleichheit bewirkendes und mindestens gleich geeignetes Mittel zur Förderung des Gesetzeszwecks bestünde insoweit in einer Vollverzinsung mit einem niedrigeren Zinssatz. Die Unvereinbarkeit der Verzinsung mit dem Grundgesetz umfasst ebenso die Erstattungszinsen zugunsten der Steuerpflichtigen.
Das bisherige Recht ist für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar. Für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume sind die Vorschriften dagegen unanwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen.
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.08.2021)