Erbrecht Urteile 2012 |
16.04.2012
Die Abwicklung eines Erbfalls ist ohnehin oft eine schwierige Angelegenheit. Richtig kompliziert kann es aber werden, wenn der Erblasser eine Immobilie im Ausland besaß oder gar seinen Wohnsitz dorthin verlegt hatte. Damit das grenzüberschreitende Erben und Vererben in Zukunft einfacher wird, hat das Europäische Parlament am 13. März 2012 den Entwurf einer EU-Erbrechtsverordnung angenommen. Die neue Verordnung muss jetzt noch vom Rat der Europäischen Union formell beschlossen werden. Nach Ablauf einer Übergangsfrist von drei Jahren tritt sie dann ohne weitere Umsetzung in den Mitgliedsstaaten in Kraft.
Nach derzeitiger Rechtslage muss in Erbfällen mit Auslandsbezug zunächst einmal geklärt werden, nach welchem Recht sich die Erbfolge richtet. Das kann mitunter zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen, weil je nach Rechtsordnung verschiedene Anknüpfungspunkte - z.B. Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz - herangezogen werden. Beispiel: Ein Deutscher verlegt seinen Altersruhesitz in die Schweiz. Verstirbt er, stellen die deutschen Gerichte auf seine Staatsangehörigkeit ab - es wäre also deutsches Erbrecht maßgeblich. Für die Schweizer Richter kommt es dagegen auf den letzten Wohnsitz des Erblassers an. Weil der in der Schweiz lag, wickeln sie den Nachlass nach dortigem Erbrecht ab.
Damit solche Ergebnisse künftig vermieden werden, gilt nach der neuen Erbrechtsverordnung das Wohnsitzprinzip. Die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt also dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Entsprechend sind auch nur die Nachlassgerichte dieses Staates für alle Entscheidungen zuständig - und zwar für den gesamten Nachlass. Das gilt aber nur für diejenigen Erblasser, die keine anderweitige Regelung getroffen haben: Die Verordnung sieht nämlich ein Wahlrecht für den Erblasser vor. Er kann im Testament für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Todeszeitpunkt angehört.
Die Verordnung führt außerdem ein Europäisches Nachlasszeugnis ein, das in allen Mitgliedsstaaten Gültigkeit besitzt. Künftig müssen die Erben also nicht mehr - wie bislang - in allen Mitgliedsstaaten, in denen Vermögen des Erben vorhanden ist, jeweils separat einen Erbschein beantragen. Das Europäische Nachlasszeugnis enthält u.a. Angaben über das auf den Todesfall anwendbare Recht, über den/die Erben, über den Erbteil jedes Erben und das ihm zustehende Vermögen sowie darüber, ob das Erbrecht auf gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge beruht.