Checkliste: Gefälligkeitsatteste bekämpfen |
Checkliste: Gefälligkeitsatteste bekämpfen: Kann ein Arbeitnehmer wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit unverschuldet nicht arbeiten, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.
Was ist Arbeitsunfähigkeit aber eigentlich? Hier gibt die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (https://www.g-ba.de/) in § 2 Abs. 1 folgende Definition: ''Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn Versicherte auf Grund von Krankheit ihre zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen können. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn auf Grund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen.'' Ein Arzt, der eine Arbeitsunfähigkeit diagnostiziert muss also stets wissen, welche Tätigkeit der Arbeitnehmer überhaupt ausübt.
1. Handlungsmöglichkeiten gegenüber dem Arzt
Ein Arzt, der zu Unrecht ein Attest erstellt kann sich schadensersatzpflichtig machen. Die Erstellung eines unrichtigen Attestes kann sogar strafbar sein. Unter Umständen kann ein Hinweis an den Arzt auf diese Rechtslage angebracht sein.
2. Medizinischer Dienst der Krankenkassen
Der Medizinische Dienst (MDK) der Krankenkasse bei gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmern eingeschaltet werden, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen. Zweifel sind dann anzunehmen, wenn
a) der Arbeitnehmer auffällig häufig arbeitsunfähig ist,
b) der Arbeitnehmer auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig ist,
c) der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder wenn
d) die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist.
3. Anordnung der sofortigen Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer Attest über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen.
Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage des Attestes früher zu verlangen. Es kann allerdings auch nachteilig sein, vom Arbeitnehmer die Vorlage eines Attestes bereits ab dem ersten Krankheitstag zu verlangen, denn ist er erst einmal bei einem Arzt, könnte dieser auch eine Arbeitsunfähigkeit auch für einen längeren Zeitraum bescheinigen.
4. Bekanntmachung der Arbeitsunfähigkeit im Betrieb
Hier stehen sich Datenschutz und das Interesse des Arbeitgebers an einem störungsfreien Betriebsablauf gegenüber. Es ist umstritten, was und wie der Arbeitgeber die Krankheit seines Arbeitnehmers kommunizieren darf. Erlaubt sein dürfte aber der Hinweis auf den Ausfall (und dessen voraussichtlicher Dauer) des Arbeitnehmer an die betroffenen Kollegen ohne Hinweis auf die Art der Erkrankung.
5. Krankheit bei Freizeitausgleich
Wird der Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs krank, gehen ihm die Urlaubstage nicht verloren. Er kann sie erneut nehmen. Für einen Freizeitausgleich in Folge von Mehrarbeit/Überstunden gilt dies - vorbehaltlich anderer Vereinbarungen - aber nicht, d.h. der Arbeitnehmer, der während eines Ausgleichtages arbeitsunfähig erkrankt, hat keinen Anspruch auf einen Ersatztag.
6. Lohnkürzung
Ein alter Grundsatz des Arbeitsrecht lautet: ''Ohne Arbeit kein Lohn''. Fehlt es nun an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit für eine tatsächliche krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitgeber für den Zeitraum der Abwesenheit des Arbeitnehmers den Lohn einbehalten.
6. Krankenbesuch
Der Arbeitgeber darf seinen kranken Arbeitnehmer zu Hause besuchen. Allerdings besteht für den Arbeitnehmer keine Pflicht, den Arbeitgeber oder seinen Vertreter zu ihm ins Haus zu lassen.
7. Krankenrückkehrgespräche
Insbesondere nach einer längeren krankheitsbedingten Abwesenheit empfiehlt sich ein Krankenrückkehrgespräch mit dem Arbeitgeber und/oder Vorgesetzen, um die ggf. betrieblichen Ursachen der Erkrankung herauszufinden.
8. Detektiv
Bei einem konkreten Verdacht auf das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit ist der Arbeitgeber berechtigt, einen Detektiv einzuschalten, um den Arbeitnehmer zu überwachen. Wird der Arbeitnehmer überführt, muss er nicht nur mit einer fristlosen Kündigung rechnen, sondern auch damit, die Kosten des Detektivs bezahlen zu müssen.
Rechtsgrundlagen:
§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG)
§§ 106 Abs. 3a, 275 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V)
§ 278 Strafgesetzbuch (StGB)
§ 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
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