Familienrecht Urteile 2014 |
31.07.2014
Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hatte die Frage zu entscheiden, unter welchen Voraussetzung Eltern für Verletzungen haften müssen, die ihre Kinder beim Umgang mit sog. Softair-Pistolen verursachen (Urteil vom 17. Juli 2014, Az.: 1 U 3/14).
Vier Kinder im Alter zwischen 10 und 13 Jahren spielten am 11. August 2010 zusammen auf einem Parkplatz in der Gemeinde Friedeburg. Der Sohn der Beklagten und ein weiteres Kind hatten Softair-Pistolen dabei und trugen Schutzbrillen. Die beiden anderen Kinder, u.a. der Kläger hatten einen solchen Schutz nicht. Bei einem vom Sohn der Beklagten abgegebenen Schuss wurde der Kläger am linken Auge verletzt. Er erlitt durch das Geschoss eine schwere Verletzung am linken Auge. Der Haftpflichtversicherer der Mutter hatte den Schaden zu 25 % übernehmen wollen.
Das OLG Oldenburg nimmt eine 100 %ige Haftung der Mutter an. Das OLG hat eine Aufsichtspflichtverletzung der allein sorgeberechtigten Mutter festgestellt und dazu ausgeführt, bei Softair-Pistolen handele es sich um Gegenstände mit deutlich erhöhtem Gefahrenpotenzial. Sie könnten zwar regelmäßig keine lebensgefährlichen Verletzungen herbeiführen, seien aber geeignet, nicht unerhebliche Verletzungen an empfindlichen Körperteilen zu verursachen. Hinzu komme als spezifische Gefahr bei Jugendlichen, dass sich beim Einsatz solcher Softair-Waffen ein Wettkampfgefühl bis hin zu einem übersteigerten "Jagdeifer" entwickeln könne, was zu einem gefährlichen, unüberlegten, ungesteuerten und exzessiven Einsatz solcher "Spielzeugwaffen" führen kann.
Zumindest für Kinder, die noch keine 14 Jahre alt sind, sei es im Hinblick auf die Gefährlichkeit dieser Gegenstände erforderlich, dass die Sorgeberechtigten eine umfassende Kontrolle über den Einsatz solcher Softair-Waffen seitens ihrer Kinder behalten. Es müsse insbesondere gewährleistet sein, dass zeitnah eingegriffen werden könne, wenn etwa durch die Art des Spiels, die Spielteilnehmer oder deren Verhalten sich konkrete, besondere Gefahren ergeben.
Einer solchen umfassenden Aufsichtspflicht mit entsprechender Kontrolldichte ist die Mutter aus Sicht der Richter nicht nachgekommen. Abgesehen von einer angeblich erfolgten allgemeinen Ermahnung, die Softair-Pistole nur nach Anlegung des dafür vorgesehenen Gesichts- bzw. Augenschutzes einzusetzen und auf solche Schutzmaßnahmen auch bei anderen Spielteilnehmern zu bestehen, habe die Mutter ihren Sohn weitgehend unkontrolliert schalten und walten lassen. Dabei habe der Mutter klar sein müssen, dass ihr Sohn diese Anweisungen nur schwer gegenüber anderen Kindern durchsetzen konnte, wenn diese auch gerne an dem aus ihrer Sicht faszinierenden Spiel teilnehmen wollten, gleichwohl aber über keine Schutzausrüstung verfügten.
Ein Mitverschulden des verletzten Kindes nahmen die Richter nicht an. Das Kind habe durchaus gewusst, dass das Spiel mit der Softair-Pistole gefährlich war und sich deshalb auch in einer bereits zuvor erlebten Spielsituation mit einer Kiste geschützt. Dennoch sei die Aufsichtspflichtverletzung der Mutter von einem solchen Gewicht, dass das Verhalten des geschädigten Kindes sich nicht erheblich auswirke. Die entscheidende, maßgebende Ursache für die Schädigung des Klägers sei durch den Sohn der Beklagten gesetzt und von einer schwerwiegenden schuldhaften Pflichtverletzung der Mutter verursacht worden.
(Quelle: PM des OLG)