Arbeitsrecht Urteile 2015 |
02.07.2015
Die Nichtanerkennung eines Blutspendedienstes als karitativer Tendenzbetrieb ist mit der Verfassung vereinbar. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Beschluss vom 17. Juni 2015 nicht zur Entscheidung angenommen (Az.: 1 BvR 2274/12). Das BAG hatte die sog. Tendenzeigenschaft der Beschwerdeführerin verneint. Die enge Auslegung des Begriffs ''karitativ'' durch das BAG, wonach der Dienst den leidenden Menschen direkt zugutekommen muss, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Beschwerdeführerin betreibt einen Blutspendedienst in der Rechtsform einer GmbH. Sie ist steuerrechtlich als gemeinnützig anerkannt und den internationalen Grundsätzen der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung verpflichtet. Das gesammelte menschliche Blut wird von ihr medizinisch getestet, aufbereitet und anschließend entgeltlich an Krankenhäuser oder Ärzte abgegeben. Im Ausgangsverfahren hat das BAG festgestellt, dass die Beschwerdeführerin kein Tendenzunternehmen ist und demnach ein Wirtschaftsausschuss gebildet werden muss.
Soweit die Beschwerdeführerin eine Grundrechtsverletzung mit der Begründung rügt, ihre karitative Betätigung sei weltanschaulich fundiert, fehlt es an einer hinreichend substantiierten Begründung. Die Beschwerdeführerin trägt weder vor noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sie als Einrichtung einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft tätig würde. Sie wird von einer übergreifend karitativ-humanitären Bestimmung geleitet. Eine religiöse oder weltanschauliche Dimension ist jedoch kein bestimmendes Element ihrer Tätigkeit.
Eine Verletzung des Willkürverbot liegt ebenfalls nicht vor: Gegen den Gleichheitssatz wird nicht bereits dann verstoßen, wenn die angegriffene Rechtsanwendung eines Fachgerichts fehlerhaft ist. Hinzukommen muss vielmehr, dass die Rechtsanwendung unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht.
Die enge Auslegung des Merkmals der karitativen Tätigkeit durch das BAG folgt anerkannten Grundsätzen, denn die Regelung normiert eine Ausnahme von der gesetzgeberischen Entscheidung zugunsten betrieblicher Mitbestimmung. Es ist insofern nicht zu beanstanden, wenn das BAG davon ausgeht, die Ausnahme von der Mitbestimmung greife nur, wenn bei einer karitativen Tätigkeit der Dienst an leidenden Menschen direkt erbracht wird.
Auch spezielle Freiheitsrechte zwingen hier nicht zu einer Ausnahme von der betrieblichen Mitbestimmung. Die Mitbestimmung ist mit Blick auf den sozialen Bezug des Unternehmerberufs, der nur mit Hilfe anderer ausgeübt werden kann, durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Vorliegend fehlen auch jedwede Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit der Beschwerdeführerin durch die Bildung eines Wirtschaftsausschusses in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würde.
(Quelle: PM des BVerfG)